Joan Aiken - Die Fünf-Minuten-Ehe

  • Originaltitel: The Five-Minute marriage


    Inhalt:


    Kurzbeschreibung (Amazon)


    London im Jahre 1815. Philadelphia Carteret, genannt Delphie, muß sich und ihre kranke Mutter über die Runden bringen. Die Mutter, die wegen einer nicht standesgemäßen Heirat enterbt wurde, lebt in dem Glauben, daß der Luxus vergangener Tage noch immer zur Verfügung stünde. Eines Tages sieht Delphie keine andere Möglichkeit, als den reichen Großonkel um Hilfe zu bitten. Das bedeutet für sie nicht nur Erniedrigung, sondern bringt sie in eine gefährliche Situation...


    Ergänzend von mir


    Philadelphia (Delphie) Carteret lebt mit ihrer kranken Mutter in der Greek Street in London. Sie gibt jungen Damen Gesangsstunden, um sich und ihre Mutter über Wasser zu halten. Doch zunehmend stellt sich heraus, dass ihre Anstrengungen nicht ausreichen, den Lebensunterhalt zu sichern.
    Durch einen Freund der Familie, Josiah Browty, angeregt, begibt sich Delphie mit ihrer Bekannten Jenny Baggott zu ihrem Großonkel Mark nach Chase in Kent. Dort angekommen, wird sie gebeten, eine Scheinehe mit dem Erben von Chase, Gareth Penistone, einzugehen, um dem Großonkel den letzten Wunsch vor dem Tode zu erfüllen. Dass eine solche Tat Delphies Ehrgefühl verletzt, liegt auf der Hand und dennoch willigt sie ein. Wie nicht anders zu erwarten, erleben Gareth, Delphie und der Leser in der Folge die eine oder andere Komplikation. :lol:
    Mit dieser Tat setzen sie eine Kette von Ereignissen in Bewegung, die für Gareth, Delphie und ihre Mutter nicht ohne Gefahren ist.


    Meine Meinung:


    Eigentlich ist dieser Roman ein eigenständiges Werk und kein Folgeroman zu einer Vorlage von Jane Austen. Allerdings begegnet man ca. zur Hälfte des Buches Lady Dalrymple (wer "Persuasion"/"Überredung" gelesen hat, wird diese Person sicher nicht vergessen haben...). Allerdings ist in diesem Roman keine der Carteret-Frauen die Tochter von Lady Dalrymple wie in der berühmten Vorlage.


    Es handelt sich hier um eine Liebsroman inkl. Kriminalhandlung. Mir hat es Spaß gemacht, ein paar Stunden in dieser Welt abzutauchen. "Die Fünf-Minuten-Ehe" eignet sich hervorragend als Schmöker für zwischendurch.
    Und in diesem Roman beschleunigt sich das Ende auch nicht unverhältnismäßig zum Rest des Buches. Mir scheint die Handlung runder als z. B. in "Jane Fairfax"...


    Die Sprache ist dem Hintergrund entsprechend und immer mit einem kleinen Zwinkern geschrieben. An einigen Stellen (insbesondere bei Jenny Baggotts Auftritten) musste ich laut auflachen!


    Sowohl Delphie und Gareth sind tolle Protagonisten, von denen man traäumen kann. Rundum schön. :drunken:

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

    Einmal editiert, zuletzt von Fezzig ()

  • Philadelphia Carteret, Delphie genannt, ist 23 und bringt sich und ihre ständig kränkelnde Mutter mehr schlecht als recht durch, indem sie Töchtern aus wohlhabendem Hause Gesangsunterricht erteilt. Die finanzielle Situation der beiden ist mittlerweile mehr als bedenklich, zumal die Mutter geistig nicht immer ganz auf der Höhe ist und gerne mal luxuriöse Einkäufe tätigt, die sie sich eigentlich gar nicht leisten kann. Nun scheint es nur noch einen Ausweg zu geben, nämlich den reichen Großonkel anzuzapfen, auch wenn Delphie darauf keine große Lust hat, zumal sich ihre Mutter schon lang von ihrer Familie entfremdet hatte.


    Also beißt sie in den sauren Apfel und macht sich auf den Weg nach Chase, dem schlossartigen Anwesen ihres Großonkels, muss aber feststellen, dass nicht nur ihr Onkel ein griesgrämiger alter Knabe und auch ihr Cousin Gareth ein ziemlicher Muffel ist, sondern eine junge Frau, die sich Elaine Carteret nennt, letzterem weisgemacht hat, die Großnichte des Alten zu sein.


    Delphie ist wie vor den Kopf gestoßen, doch dann ist ihr das Glück insofern hold, dass der Onkel, der Gareth noch zu Lebzeiten verheiratet sehen wollte, schwer erkrankt und sich dem Tode nahe wähnt. Sie willigt zähneknirschend ein, sich zum Schein mit Gareth trauen zu lassen, damit beide an ihr Erbe gelangen können, doch natürlich läuft das alles am Ende nicht so, wie sich die zwei das vorgestellt hatten ...


    Ich mag Joan Aikens historische Romane sehr gerne, ob es nun um die Jane-Austen-Spin-offs oder eigenständige Geschichten geht. Das Spiel mit komplizierten Liebes- und Beziehungsverhältnissen beherrscht sie mindestens so gut wie die Meisterin höchstpersönlich und erschafft dabei auch farbige Charaktere und lebensechte Schauplätze.


    Delphie ist dann auch eine äußerst sympathische Heldin, die zwar die sittsame Kleidung ihrer Zeit trägt und gute Manieren an den Tag legt, aber im Grunde ihres Herzens ein ziemlicher Freigeist ist. Gareth ist einer dieser anfangs miesepetrigen, aber dabei irgendwie faszinierenden Rochester-Typen, und das farbenprächtige Personal in den Nebenrollen, eine entzückende Kinderschar allen voran, verleiht dem Ganzen zusätzliche Würze.


    Die Handlung aber war anfangs ein wenig fade und leicht verwirrend mit dieser ganzen Erbsache, und es war relativ schnell vorauszusehen, worauf alles am Ende zusteuern würde, immerhin mit der einen oder anderen kleinen Überraschung am Rande.


    Charmante Unterhaltung, aber mit leichten Längen und nicht so originell wie Aikens andere Bücher.