Tim Parks - Roger zu lieben

  • Aus dem Klappentext:
    Anna kommt mehr als eine halbe Stunde zu spät zur Arbeit. Sie musste ihren Geliebten umbringen.
    Bevor Roger kam, war Annas Leben still und zufrieden. Dann verliebt sie sich augenblicklich und bedingungslos in ihn. Sie bekommt ein Kind von ihm, aber er fühlt sich nicht zum Partner und Vater berufen, sondern zum Dichter. Sein Verhältnis zu Anna - und anderen Frauen - und seine tägliche Berufsarbeit sind nur Material für sein Theaterstück. Er sammelt Erfahrungen, notiert Gedanken, überzeugt, ein begnadeter Autor zu sein. Auch Anna glaubt an ihn, unterstützt ihn.
    Aber Roger kommt mit dem Schreiben nicht voran; also muss Anna daran schuld sein, Anna, die Liebesromane und Soaps liebt und für die er im Grunde nichts als Verachtung empfindet.



    Aufgrund meiner Begeisterung für Tim Parks - Schicksal habe ich dieses Buch gelesen und bin froh, dass ich die Bücher in dieser Reihenfolge bekam. Wäre "Roger zu lieben" mein erstes gewesen, hätte ich so schnell nicht nach einem weiteren Buch des Autors gegriffen. So bin ich nur ein wenig enttäuscht, muss Parks aber zugute halten, dass er beim Schreiben dieses Buches 32 Jahre alt war und "Schicksal" mit 45 Jahren geschrieben hat.


    "Roger zu lieben" ist ein flüssig und leicht zu lesendes Buch. Aber ich habe Probleme, Annas Gefühle, ihre Beziehung zu Roger und ihr Schicksal als etwas Zwingendes nachzuvolllziehen. D.h. ich verstehe nicht genau, warum sie Roger nicht verlässt. Sie hat die Schwangerschaft allein durchgestanden, sie hat eine sichere Arbeitsstelle und die Kinderbetreuung gut geregelt. Sie ist also ein selbständiges Mädchen, zwar verträumt und voller Illusionen, aber dennoch fähig, ihren Alltag zu bestehen.


    Das Thema der beiden genannten Bücher scheint oberflächlich betrachtet dasselbe zu sein: Warum bringt ein Mensch es nicht fertig, seinen Partner zu verlassen? Während bei "Schicksal" die innere Verkettung der beiden Hauptpersonen in jeder Zeile spürbar ist und eine Trennung keine Lösung wäre, liegt hier der Ausweg aus dem Dilemma auf der Hand. Annas Liebe - das Wort "Schwärmerei" scheint angebrachter - ist kein ergreifendes oder reflektiertes Gefühl, sondern zeichnet sich eher durch Blindheit aus und bleibt mir daher fremd.



    Ich möchte auf keinen Fall von diesem Buch abraten. Es ist besser als die meisten Beziehungsgeschichten, aber es hatte das Pech, dass ich es las, während "Schicksal" noch in meinem Kopf spukte. Daher kann es sein, dass ich "Roger zu lieben" nicht ganz gerecht werde.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Danke für diese interessante Vorstellung, Marie! :wink:
    Ich habe mir den Roman auf meiner Wunschliste notiert, denn für mich klingt er sehr unterhaltsam.
    Würdest Du mir dann eher raten, zuerst "Schicksal" zu lesen? Oder lieber in der zeitlichen Reihenfolge der Erscheinungen?


    Viele Grüße
    Wilaja

  • @ Wilaja, Du fragst aber auch Sachen ... :lol:


    Ich habe noch "Doppelleben" von Parks auf dem SUB. Vielleicht kann ich die Bücher insgesamt besser einordnen, wenn ich noch eins von ihm gelesen habe.


    Marie

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