Jochen Hamatschek - Carro Navalis

  • "Rafael Bannert, Evolutionsbiologe und Marathonläufer, besucht nach 17 Jahren in den USA für kurze Zeit das renommierte Schlossweingut von Verwandten nahe Stuttgart, in dem sein Vater vor einem Jahr tödlich verunglückt ist. Rasch lernt er Feinheiten der Weinszene kennen und gerät mit einem charismatischen Funk- und Fernsehreporter und engen Freund der Familie in eine immer härter werdende Auseinandersetzung über den Gegensatz von Evolutionslehre und Glaube. Verschlüsselte Informationen eines Mitarbeiters und zufällige Beobachtungen veranlassen ihn, heimlich in den Tiefen des Weinkellers nachzuforschen. War der Tod seines Vaters gar kein Unfall? Woher kommt das Schädeldach des Neandertalers, das er in seinem Zimmer findet? Dann gibt es die nächsten Toten. In nur zwei Wochen bindet er mit Hilfe von neugewonnenen Freunden, viel Wein und bei langen Trainingsläufen Fäden aus menschlicher Schwäche, historischer Schuld, wissenschaftlicher Sensation und fundamentalistischer Engstirnigkeit zu einem dicken Tau. Er wird zu einer Entscheidung mit dramatischen Konsequenzen gezwungen. Das Finale kennt nur Verlierer." (Klappentext)




    Ich musste den Krimi für eine redaktionelle Buchbesprechung lesen und muss gestehen: ich hab es zunächst ungern in die Hand genommen. Nicht wegen des Covers, nein, das ist sehr schön gestaltet - aber der Klappentext hat mich ein wenig abgeschreckt: Sport, Wein, Biologie - alles Dinge, denen ich nichts abgewinnen kann.


    Gut, dass ich nicht meinem ersten Instinkt gefolgt bin, denn dann hätte ich einen sehr schönen Krimi verpasst.


    Der Autor arbeitet nicht mit den üblichen Blut- und Schockeffekten - "Carro Navalis" ist ein leiser Krimi, der einfach zum Spekulieren und Nachdenken anregt. Nebenbei lernt man eine Menge über die menschlichen Instinkte, Wein und natürlich Trainingsmöglichkeiten beim Joggen. Ich bin und bleibe der Meinung - das Buch muss richtig zelebriert werden: Schaukelstuhl, Wein (oder Saft ;) ), Pralinen und eventuell ein schöner Kamin, der die richtige Atmosphäre verbreitet und dann ran ans Buch.


    Aber: auch Kritikpunkte sollten erlaubt sein:


    Die Dialoge zwischen den Personen sind manchmal sehr gekünstelt und hochgestochen - wer, bitte schön, bietet seinen Gästen einen schönen Weißwein an und erklärt in einer Situation außerhalb einer Weinprobe ganz genau, wo der herkommt, wie er hergestellt wurde und was das Besondere daran ist? Oder wenn Person x Evolutionsbiologe ist, wie kommt es, dass seiner komplette Umgebung immer wieder schöne Metaphern aus seinem ureigensten Fachgebiet einfallen. Aber ansonsten: Alles in Allem ein rundum angenehmes Erstlingswerk und für Fans der leisen Töne absolut empfehlenswert!