Der zweite Teil von Gerd Ruebenstrunks Fantasyreihe um die vergessenen Bücher ist mir auch diesmal wieder positiv schon in der Buchcovergestaltung aufgefallen. Geprägte Ecken mit Goldauflage, ein Bild, welches zum spannenden Inhalt paßt und eine Geschichte, in der manchmal auf zehn Seiten mehr passiert, als bei anderen Romanen während des ganzen Buches. Da kann man leicht nachvollziehen, wie schwer man es finden wird, die 416 Seiten, die der zweite Band umfasst, wieder aus der Hand zu legen. Am besten schenkt man jüngeren Lesern eine Taschenlampe gleich mit, oder sieht eine zeitlang über den Beginn der Nachtruhe großzügig hinweg.
Der zweite Band der spannenden Fantasy-Reihe um die geheimnisvollen, vergessenen Bücher beginnt auch sofort mit zwei sehr mysteriösen Begebenheiten:
Pluribus, der undurchsichtige, hagere Typ, der uns schon im ersten Band begegnete und den Arthur und Larissa nur als nervige, aber harmlose Vogelscheuche bezeichnen, kommt in das Antiquariat des Bücherwurms, als Arthur alleine ist und nervt ihn mit einer wüsten Story über Schattenwesen, die wieder aufgetaucht seien und vor denen man sich hüten müsse.
Zunächst messen der Bücherwurm, Larissa und Arthur dem keine große Bedeutung bei, denn Larissa hat zeitgleich eine Nachricht erhalten, die sie in helle Aufregung versetzt. Angeblich sollen ihre Eltern, die vor Jahren bei einem Autounfall in der Wüste zu Tode gekommen sein sollen, doch noch leben und Larissa wurde aufgefordert, nachts zu einer bestimmten Uhrzeit im Park zu sein, wenn sie an detaillierteren Infos Interesse habe.
Tatsächlich erscheint den beiden Jugendlichen — denn Arthur begleitet Larissa natürlich - auch zum verabredeten Zeitpunkt eine hypnotisch wirkende, kaum wirklich feststofflich wirkende Schattengestalt, die Larissa einen Brief ihrer Eltern übergibt und ihr einen Handel vorschlägt: Ihre Eltern werden freigelassen im Austausch gegen das Buch der Wege.
Die technikbegeisterte Larissa hat die Begegnung gefilmt, so dass die Jugendlichen den Bücherwurm perfekt von dem Treffen in Kenntnis setzen können. Er erzählt ihnen eine uralte Legende, die besagt, dass die Einwohner der Stadt, wo einst alle vergessenen Bücher aufbewahrt waren, nie starben,
sondern zu Schattenwesen wurden und seit dem Verschwinden der Bücher auf der Suche nach ihnen und der damit verbundenen Macht seien. Vor allem das Buch der Wege dürfte daher für die Schatten von immenser Wichtigkeit sein, denn sie vermuten gewiss, Hinweise darin zu finden, wo oder wie die anderen Bücher zu finden sind. Eine actionreiche Suche durch Europa beginnt, die in Cordoba beginnt und ihr Showdown in Dubrovnik findet. mehr soll davon allerdings nicht verraten werden, um den Lesern den Spaß und das Miträtseln nicht zu verderben.
Allerdings werden wir im Verlauf der Geschichte noch erfahren, dass die vergessenen Bücher mit ihren bemerkenswerten Eigenschaften nicht von jedem auf die gleiche Art benutzt werden können. Genau so eben, wie eine Schaufel zum Graben und Pflanzen oder für üble Zwecke benutzt werden kann, je nachdem, wer sie gebraucht, verhält es sich auch mit der Nutzung der vergessenen Bücher.
Es gilt also nicht nur, die Bücher selbst erst einmal zu finden, was oft nur durch Intuition und Zufall in Kombination mit Logik und gesundem Menschenverstand zu bewerkstelligen ist, sondern auch immer dafür zu sorgen, dass sie nicht in falsche Hände geraten.
Was ich an dieser Reihe, die eigentlich für jugendliche Leser gedacht ist, so schön und erfrischend finde, ist, dass man nicht nur als Jugendlicher Spaß an der Geschichte hat. Sicher werden Jugendliche die Romanreihe anders aufnehmen als Erwachsene, denn es besteht meiner Meinung nach ein recht hohes Identifikationspotential sowohl mit der Figur der Larissa als auch mit Arthur und es kommt in den Romanen recht viel aus der realen Welt von Jugendlichen vor, wie Handys, GPS, Google etc., mit denen sich ein Jugendlicher heute halt konfrontiert sieht und irgendwie klar kommen muß. Allerdings spricht Gerd Ruebenstrunk in seiner Fantasy-Reihe auch zeitlose ethische Themen an. Dass man z.B. nie wirklich weiß, wem man vertrauen kann, es niemanden gibt, der alles kann und alles weiß, es eben keine klare Trennung zwischen Gut und Böse gibt, wie Freundschaft oder gar Liebe langfristig entsteht, Jungen nicht nur technisch begabt sein müssen, sondern sehr wohl sensibel und dennoch praktisch veranlagt sein können, Mädchen umgekehrt keine Wesen sein müssen, die hilflos ihren Gefühlen ausgeliefert sind, es generell Dinge geben kann, die sich nicht immer erklären lassen...und vieles mehr.
Und wer dies alles schafft, OHNE aufdringlich und oberlehrerhaft zu dozieren, der ist für mich ein Autor, von dem ich mich gerne bezaubern lasse!
Die Reihe über die vergessenen Bücher möchte ich zumindest in meinem Bücherregal nicht mehr missen ... und bin gespannt, wie es weiter geht.
P.S.: Mein herzlicher Dank gilt dem arsEdition Verlag für die Zusendung eines Rezensionsexemplars.