Gutenberg: Der Mann, der die Welt veränderte

Buch von Klaus-Rüdiger Mai

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Gutenberg: Der Mann, der die Welt veränderte

Der Erfinder des Buchdrucks gilt als Jahrtausendfigur. Mit seinen bahnbrechenden Neuerungen läutete Johannes Gutenberg das Zeitalter der Moderne ein. Ohne ihn keine Reformation, keine Renaissance, keine Kirchenkritik, keine Bildung im modernen Sinn. Zu Recht vergleicht man die von ihm eingeleitete mediale Revolution mit der digitalen Zäsur unserer Tage. Aber der Pionier aus Mainz war nicht nur ein genialer Erfinder, sondern auch ein geschäftstüchtiger Medienunternehmer, der um die Bedeutung seiner Erfindung wusste und sie gewinnbringend zu vermarkten verstand. Diese Modernität Gutenbergs inmitten der revolutionären Umbruchzeit des 15. Jahrhunderts stellt der erfahrene Biograph Klaus-Rüdiger Mai in den Mittelpunkt seiner Schilderung. Glänzend versteht er es, Gutenberg und seine Zeit lebendig werden zu lassen und die überraschende Aktualität dieser Lebensgeschichte spürbar zu machen.
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Bewertungen

Gutenberg: Der Mann, der die Welt veränderte wurde bisher einmal bewertet.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Gutenberg: Der Mann, der die Welt veränderte

    Worum es geht
    Der Autor widmet sich in seinem hervorragenden Buch einer Persönlichkeit, die mit ihrer revolutionären Erfindung das Abendland veränderte, und Tore in bisher unbekannte Welten aufstieß.
    Um 1400 zu Mainz in eine reiche Patrizierfamilie, aber auch in eine Zeit des Umbruchs geboren, dürfte Henne zur Laden, Hengin oder Henchen Gensfleisch, durch die teilweise sehr gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Zünften und Patriziern, eine recht unruhige Kindheit erlebt haben. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird der Jüngling, der sich später nach dem Hof seiner Eltern Gutenberg nannte, in Erfurt studiert, und die Universität 1420 als Baccalaureus verlassen haben. Als reicher Patrizier, dem verschiedene Leibrenten zustanden, von denen er sehr gut leben konnte, war er nicht zur Erwerbsarbeit gezwungen, und musste sich als jüngerer Sohn auch nicht um die Fortführung der väterlichen Geschäfte kümmern.
    In Gutenbergs Biografie gibt es viele Lücken, Jahre, in denen wir von seinem Verbleib und seiner Beschäftigung überhaupt nichts wissen, doch dürfte sich sein Leben hauptsächlich in Mainz und Straßburg abgespielt haben. In einer technisch sehr innovativen Zeit, in der viele Erfindungen gemacht wurden, ging der handwerklich wie kaufmännisch gleichermaßen begabte Gutenberg gewiss sehr eifrig seinen Interessen nach, und suchte nach lukrativen Marktlücken. Eine davon fand er in der seriellen Produktion von Pilgerspiegeln, die reißenden Absatz fanden.
    Höchst interessant fand ich den Abschnitt, in dem Klaus-Rüdiger Mai seinen Lesern einen tiefen Einblick in die mittelalterliche Frömmigkeit mit seiner fast heidnisch anmutenden Reliquienverehrung gibt. Was sich im Siebenjahres-Rhythmus bei der sogenannten Heiligtumweisung abspielte, erinnert sehr stark an die Massenhysterie, die oftmals bei musikalischen „Events“ der Gegenwart zu beobachten ist. Wer, so wie ich, noch nie von der Verwendung der Pilgerspiegel gehört hatte, hat sicher Grund zu staunen.
    Wann die Idee geboren wurde, handschriftliche Texte mittels eines Druckverfahrens zu vervielfältigen, kann heute nicht mehr genau festgestellt werden. Gewiss wird Gutenberg, wie damals üblich, während seines Studiums Erfahrungen als Kopist gesammelt haben. Fest steht auch, dass er seit spätestens 1436 mit Druckerpressen experimentierte, und sich ab 1442 mit einem neuen Projekt befasste, bei dem es sich um den Druck mit beweglichen Lettern gehandelt haben wird. 1444/45 kehrte er jedenfalls mit einem in groben Zügen durchdachten Konzept von Straßburg nach Mainz zurück, und richtete sich auf dem Gutenberghof eine Werkstatt ein. Hier arbeitete er gewiss mit Hochdruck an seiner Vision bis 1448 nach etlichen Rückschlägen schließlich das erste Druckwerk vorlag. Gutenberg hatte die „Sibyllenweissagung“ gewählt, eine Enzyklopädie der Welt, wie sie sich dem spätmittelalterlichen Menschen darstellte.
    Ende 1448 dürften der Meister und seine Mitarbeiter mit den Vorarbeiten für den Bibeldruck begonnen haben. Noch vor Druckbeginn fehlte es bereits wieder an Geld, doch war Gutenberg mit dem vielfältigen Finanzierungswesen seiner Zeit vertraut. Hier nun kam sein Kreditgeber Johannes Fust ins Spiel. Der Kaufmann, Advokat, Unternehmer und Waffenhändler sollte ihm genauso wie dessen Adoptiv- und Schwiegersohn, Peter Schöffer, der bei Gutenberg in die Lehre ging, noch viel Ärger bereiten.
    Allen Widrigkeiten zum Trotz entstand die erste Auflage der 42-zeiligen Gutenbergbibel zwischen 1452 und 1454, womit der Meister auch den Höhepunkt seines Schaffens erreicht hatte. Gutenberg hatte sein Lebenswerk vollbracht, der Buchdruck war seriell möglich und stand den Handschriften ästhetisch in nichts nach.
    Der kriegerische Konflikt um den Stuhl des Mainzer Erzbischofs führte 1462 zur Plünderung der Stadt. Dabei verlor Johannes Gutenberg sein gesamtes Vermögen, doch der neue Kurfürst und Erzbischof von Mainz, Adolf von Nassau, ernannte den Greis wegen seiner Verdienste zu seinem Hofmann. Versorgt von kirchenfürstlichen Gnaden starb Gutenberg am 3. Februar 1468.
    Wie es mir gefallen hat
    Von Johannes Gutenberg wusste ich bisher nur, dass er in der Mitte des 15. Jahrhunderts den Buchdruck mit beweglichen Lettern erfunden hatte. Darüber, wie er dies bewerkstelligte, oder gar zu seiner Person, hatte ich mir noch nie Gedanken gemacht. Wahrscheinlich hätte ich ihn dem Handwerkerstand zugeordnet, dass er der reichen Oberschicht entstammte und sogar studiert hatte, war mir vor dem Genuss dieser Lektüre nicht bekannt. Sicher war er handwerklich und technisch äußerst interessiert und wohl auch sehr begabt, dazu kam das Glück, sich nicht um seinen Lebensunterhalt sorgen zu müssen, und seinen Vorlieben ungehindert nachgehen zu können.
    Klaus-Rüdiger Mai betont zwar des öfteren, dass man über Gutenberg nur sehr wenig weiß, und doch hat er mir mit seinem Buch nicht nur den Meister nahe gebracht, sondern darüber hinaus auch noch sein Lebensumfeld ausgezeichnet erklärt. Mittlerweile bin ich der Meinung, dass man Gutenbergs hervorragende Leistung nur vor diesem Hintergrund verstehen und richtig würdigen kann.
    Der kleine Henne wurde in eine Welt hineingeboren, die sich in einem sozialen, rechtlichen und politischen Wandel befand. Der Streit zwischen Patriziern und Zünften bestimmte seine Kindheit, und wahrscheinlich hatte Gutenberg schon früh erfahren, dass die Schicht, der er angehörte, mit deren Standesideologie er aufwuchs, um ihre Privilegien kämpfen musste.
    Der Autor gibt sehr interessante Einblicke in die Finanzierungsmöglichkeiten, die die reiche Oberschicht hatte, aber auch in die spätmittelalterliche Lebenswelt, in der eine allererste Welle der Mechanisierung eingesetzt hatte. Gutenberg hatte wohl sehr früh begriffen, dass die Zukunft nicht mehr allein den Patriziern gehören würde.
    In der Literatur wird Gutenberg oftmals als hochfahrend, stolz, unerbittlich oder egoistisch beschrieben. Klaus-Rüdiger Mai gibt jedoch zu bedenken, dass nicht heutige Bewertungsmaßstäbe herangezogen werden sollten, zumal sich der Leser in einer völlig anderen Zeit und einem uns gänzlich fremden Denken bewegt, das seinen eigenen Werten und Gesetzen folgt. Für Gutenberg drehte sich die Sonne zeit seines Lebens um die Erde, die Hölle, der Teufel und seine Gesellen waren realer Bestandteil der irdischen Existenz. Das Individuum war noch nicht entdeckt, sondern dem Objekt unterlegt, und das große Objekt jener Zeit hieß Gott. Wer sich in dieser Welt behaupten wollte, musste seine Interessen mit Härte und Konsequenz durchsetzen. Demut war fehl am Platz. Das wusste auch Johannes Gutenberg als typischer Vertreter seines Standes, und erklärt die vielen Prozesse, die damals in den wohlhabenden Kreisen durchaus üblich waren.
    Dennoch muss der Erfinder des Buchdrucks über eine gehörige Portion Geduld und Ausdauer verfügt haben, ohne die seine jahrelangen Experimente inklusive der vielen Rückschläge nicht erklärbar sind. Falsch wäre aber auch, so Herr Mai, sich Gutenberg als einsames Genie vorzustellen, das in Weltabgeschiedenheit vor sich hin grübelte. Obwohl Gutenberg keine eigene Familie gründete, darf man ihn sich ruhig als gesellige Natur vorstellen. Er besaß gewiss die Gabe, Menschen zu begeistern, zu überzeugen und für sich einzunehmen. Nur so konnte er Mitarbeiter und Geldgeber gewinnen.
    Alle Formen der Geselligkeit dienten im Mittelalter der Notwendigkeit, soziale Bündnisse zu schließen, ohne die der mittelalterliche Mensch in der Gesellschaft nicht existieren konnte, geschweige denn mit seinen Geschäften Erfolg haben würde. Man traf sich in Trinkstuben und Badehäusern zu allerlei Lustbarkeiten, die wohl in krassem Gegensatz zum Wissen um die Endlichkeit und Sündhaftigkeit des eigenen Daseins standen. Buße und Ausschweifung wechselten einander ab, und es ist anzunehmen, dass auch Gutenberg als gebildeter Bürger diesen Lebensstil pflegte.
    Und doch muss dieser Mann über das übliche Maß hinausgewachsen sein. Was Kaufleute und Handwerksmeister im Verbund betrieben, das verfolgte Gutenberg in Personalunion als Erfinder, Techniker, Finanzier und Geschäftsführer in Bezug auf die industrielle Vervielfältigung der Bücher. Das Rüstzeug dafür hatte er während seines Studiums mitbekommen: er wusste von den Prozessen zur Herstellung von Büchern und der Verwendung von Papier, hatte Kenntnis von den Absatzmärkten, beherrschte Latein, hatte die geistigen Voraussetzungen durch eine philosophische Schulung erworben und dazu den kaufmännischen Sinn von seiner Familie geerbt.
    Gutenberg ging es aber nie darum, die Form des Buches zu verändern, sondern einzig und allein um die Herstellungsweise. Das Druckbild sollte sich nicht von der Handschrift unterscheiden, es sollte nur von perfekter und gleichbleibender Qualität sein. Johannes Gutenberg orientierte sich völlig am bestehenden Buchmarkt, der ein Handschriftenmarkt war. In der Mitte des 15. Jahrhunderts standen auch noch genügend mit der Hand abgeschriebene Bücher zur Verfügung, weshalb Gutenbergs Unternehmen umso riskanter erscheint. Dass sich dieser Zustand in naher Zukunft ändern sollte, war für ihn nicht absehbar. Er wusste sehr wohl, dass niemand sehnsüchtig auf seine Erfindung gewartet hatte, weshalb es umso wichtiger war, sich anzustrengen, um sich mit seiner Technologie durchzusetzen.
    Unglaublich spannend versteht der Autor die Entstehung der 42-zeiligen Gutenberg-Bibel zu beschreiben, und ganz nebenbei erfährt der Leser auch noch so manches über die Arbeit der Kopisten und der dahinterstehenden Philosophie. Erst jetzt weiß ich, warum die alten Handschriften, aber auch die Gutenberg-Bibel, wie aus einem Guss erscheinen, warum es keine Überschriften und Absätze gibt, welche Symbolik in der Anordnung des Geschriebenen bzw. Gedruckten steckt, was es mit den Illustrationen und dem horror vacui auf sich hat.
    Unglaublich scheint außerdem die Tatsache, dass der Meister seine Werke nicht signiert hatte. Darin kam ihm sein ehemaliger Schüler und späterer Kontrahent Peter Schöffer zuvor, der seine Drucke mit Kolophon und Wappen kennzeichnete.
    Mit welchen Hindernissen Gutenberg zu kämpfen hatte, kann ich erst nach beendeter Lektüre einigermaßen nachvollziehen, und mich nicht genug darüber wundern, dass er nicht längst aufgegeben hatte. Schließlich hatte er ein völlig neues Handwerk erfunden, aus dem neue Berufe entstanden. Alle Arbeitsabläufe mussten organisiert werden, ohne sich auf Überlieferung und Erfahrung verlassen zu können. Diese Unbeirrbarkeit und Begeisterungsfähigkeit machen keinen unwesentlichen Teil des Genies Gutenberg aus.
    Ein Buch wie eine Offenbarung hat Herr Mai mit seinem grandiosen Werk vorgelegt. Informativ, objektiv, dazu spannend und leicht verständlich erzählt er seinen Lesern von der Erfindung der Schwarzen Kunst, die Europa im Sturm eroberte. Der Buchdruck zeichnet für tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen verantwortlich, verhalf der Reformation zum Durchbruch und machte erst die Erfindung der Wissenschaft im modernen Sinn möglich.
    Darüber hinaus gibt der Autor interessante Einblicke in das Weltbild und die Lebensweise des spätmittelalterlichen Menschen. Für so viel spannend vermitteltes Wissen kann es natürlich nur höchstes Lob und die volle Punktezahl geben.
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Ausgaben von Gutenberg: Der Mann, der die Welt veränderte

E-Book

Seitenzahl: 384

Hardcover

Seitenzahl: 384

Besitzer des Buches 3

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