Und was hat das mit mir zu tun?

Buch von Sacha Batthyany

  • Kurzmeinung

    Bellis-Perennis
    Auf Spurensuche in der Familiengeschichte

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Und was hat das mit mir zu tun?

Sacha Batthyany wächst in der Schweiz auf, weder seine Eltern noch er haben einen besonders engen Bezug zur Familie. Aber es gibt diese seltsamen Momente, in denen geschwiegen wird, Leerstellen, wenn das Gespräch auf die Vergangenheit kommt. Und es gibt ein unklares Gefühl, als Sacha selbst Vater wird: Kann er die Verantwortung, eine Familie zu gründen, wirklich tragen? Die Suche nach Erklärung führt tief in die Vergangenheit, und Sacha stößt auf ein schreckliches Familiengeheimnis. Wie hat das Verbrechen, das seine Großtante 1945 beging, sein Leben beeinflusst? Stück für Stück verändert sich sein Blick auf seine Familie und auf sich selbst. Nominiert für den Schweizer Buchpreis 2016 und den Österreichischen Buchpreis 2016
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Bewertungen

Und was hat das mit mir zu tun? wurde insgesamt 2 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,3 Sternen.

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Meinungen

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Und was hat das mit mir zu tun?

    „Und was hat das mit mir zu tun?“ Eine schwierige Frage, denn das Verbrechen einer Großtante, hat alles und nichts mit der Familie des Autors zu tun.
    "Die wahren Mörder sind noch nicht gefunden" Staatsanwalt Mayer-Maly 1948
    Der Autor entstammt dem bekannten ungarischen Adelsgeschlecht, der Batthyanys, das in der Donaumonarchie einige großartige Persönlichkeiten hervorgebracht hat. Er selbst ist Jahrgang 1973 und lebt als Journalist in der Schweiz.
    Mit seinen prominenten Vorfahren hatte er bislang wenig zu tun, bis er durch eine Kollegin auf einen Artikel über seine Großtante Margit Thyssen-Batthyany aufmerksam gemacht wird. Sie soll im März 1945 auf ihrem Schloss in Rechnitz (Österreich, nahe der ungarischen Grenze) ein Fest für allerlei Nazi-Bonzen gegeben haben, bei dem dann als „Belustigung“ rund 180 Juden erschossen wurden.
    Vorsichtig fragt er in der Familie nach. Er erhält ausweichende Antworten, einige Abfuhren, den Auftrag die Vergangenheit doch endlich ruhen zu lassen und „die Familienehre“ nicht zu beschmutzen. Doch alle diese seltsamen Verhaltensweisen stacheln seine Neugierde an. Er begibt auf Spurensuche und stößt auf die Titel gebende Frage „Und was hat das mit mir zu tun?“. Eine solche Vergangenheit hat „alles und nichts“ mit einem zutun.
    Persönlich kann der Autor für die Taten der Großtanten nichts, doch lastet auf ihm nicht doch die Verantwortung eines langen Adelsgeschlechts? Und genau in dem Spannungsfeld befindet sich der Autor.
    Batthyany fragt den eigenen Vater, der ihm eigentlich zeitlebens fremd ist, erfährt das dessen Vater Ferenc (also sein Großvater) zehn Jahre im russischen Gulag als Kriegsgefangener verbracht hat.
    Er stellt sich die Frage, warum nur die Nazizeit als barbarisch dargestellt wird und die Stalin-Ära nicht? Er wundert sich, dass es Denkmäler für die Opfer des Holocaust gibt, für die Opfer des Stalinismus nicht.
    Sacha Batthyany erhält nach dem Tod seiner Großmutter Maritta, deren Tagebuch. Aus dem geht hervor, dass sie zeitlebens von Schuldgefühlen „nicht wenigstens die Mandls gerettet zu haben“ geplagt wird.
    Sacha Batthyany reist nach Südamerika und lernt Agnes, die Tochter eben jenes jüdischen Kaufmanns Mandl aus Rechnitz kennen, die nun hoch betagt im Kreise ihrer Familie in Uruguay lebt. Ihr und ihrem Bruder Sandor ist es mit Müh’ und Not gelungen, Auschwitz zu überleben.
    Bei seinen Recherchen enthüllt sich eine Lüge, die seinen Großonkel und die Großtante schützen, aber die Familie von Agnes nun in größte Bedrängnis stürzen könnte – den gefälschten Eintrag in Sterbebuch von Rechnitz. Agnes’ Töchter und er beschließen dies vor Agnes zu verheimlichen. Doch für Mirta Kupferminc wird diese Enthüllung weit reichende Folgen haben.
    Ich habe eine Verwirrung beim Autor wahrgenommen. Auf der einen Seite, kennt er die Inhalte von Geschichtsbüchern und Literatur, die zwar eindringlich, aber dennoch entfernt über die Schreckensherrschaft berichten und auf der anderen Seite, die Beteiligung seiner eigenen Verwandten, die niemals auch nur entfernt zur Rechenschaft gezogen wurden.
    Der Befangenheit entsprechend springt der Autor durch Zeit und Raum, doch sind die einzelnen Sequenzen durch Überschriften gut gekennzeichnet. In seiner Unsicherheit begibt er sich in Psychoanalyse und versucht seine Gefühle einzuordnen. Doch auch der Analytiker hat sein Scherflein zu tragen – sein Vater hat versucht, verfolgte Juden aus Deutschland und Österreich zu retten.
    Batthyany verquickt seine Familiengeschichte mit der Geschichte Europas. Die schrecklichen Ereignisse von vor siebzig Jahren, haben seine Familie geprägt.
    Das Schloss der Batthyanys in Rechnitz wurde von den Russen niedergebrannt. Großtante Margit und ihr Mann Ivan flüchten knapp nach dem Einmarsch der Roten Armee 1945 aus Rechnitz in die Schweiz. Sie werden niemals zur Rechenschaft gezogen.
    Die Überreste der 180 beim Bankett getöteten jüdischen Zwangsarbeiter sind nach wie vor nicht geborgen, da niemand über den Standort des Massengrabs eindeutige Angaben macht, obwohl er bekannt sein muss. Die letzten Augenzeugen, die Auskunft geben könnten, sind bald nicht mehr am Leben.
    Der Tatort soll in unmittelbarer Umgebung des „Rechnitzer Kreuzstadels“ liegen, dessen Ruine heute eine Gedenkstätte zur Erinnerung an diese Gräueltat ist (http://www.kreuzstadel.net und http://www.refugius.at).
    Für mich sind einige Fragen, offen geblieben. Wird sich der Autor weiter seiner Familiengeschichte stellen?
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  • Rezension zu Und was hat das mit mir zu tun?

    Zum Inhalt (lt. Buchrücken):
    Welchen Einfluss haben Ereignisse auf uns, die vor siebzig Jahren stattgefunden haben?
    Sacha Batthyanys Großtante war in eines der schrecklichsten Nazi-Verbrechen am Ende des Zweiten Weltkriegs verwickelt. Als er ihre Geschichte aufschreibt, stößt er auf ein altes Familiengeheimnis.
    Wenige Wochen vor Kriegsende gibt Gräfin Margit Thyssen-Batthyány im österreichischen Rechnitz ein rauschendes Fest. Gegen Mitternacht verlassen die Gäste das Schloss und erschießen 180 Juden, die am Bahnhof auf den Weitertransport warten. Was genau in dieser Nacht geschieht, ist bis heute unklar. »Und was«, fragt der Schriftsteller Maxim Biller den Autor, »hat das mit dir zu tun?«
    Sacha Batthyany beginnt, nach Antworten zu suchen. Seine Reise führt ihn ins alte Ungarn, ins Österreich der Nachkriegszeit, in die Schweiz der Gegenwart, in die Lager des Gulag nach Sibirien, auf die Couch eines Pfeife rauchenden Psychoanalytikers und bis ins Wohnzimmer einer Auschwitz-Überlebenden in Buenos Aires. Dabei entdeckt er ein Geheimnis, das seinen Blick auf seine Familie und sich selbst verändert.
    Prägen vorangegangene Generationen die Art, wie wir leben? Sind wir doch alle Kriegsenkel? Dabei dachten wir doch, wir seien so aufgeklärt und modern und selbstbestimmt? Sacha Batthyanys Buch ist eine ungewöhnliche, gegenwärtig erzählte Familiengeschichte, ein Panorama Mitteleuropas, das nur vermeintlich verschwunden ist, und zugleich Psychogramm einer Generation.
    Zum Autor (lt. Buch):
    Sacha Batthyany, geboren 1973, studierte Soziologie in Zürich und Madrid, war Redakteur bei der Neuen Zürcher Zeitung und arbeitet seit 2010 beim Magazin des Tages-Anzeigers. Er ist Dozent an der Schweizer Journalistenschule und lebt seit 2015 in Washington, D.C., wo er für den Tages-Anzeiger und die Süddeutsche Zeitung als Korrespondent über Politik und Gesellschaft berichtet.(Quelle: www.kiwi-verlag.de)
    Meine Meinung:
    Der Name Batthyany ist in Österreich kein unbekannter. Auch der Autor nimmt in seinem Buch darauf Bezug, dass der Namen jedes Jahr zu Weihnachten, wenn die "Sissi-Trilogie" von Marischka mit Romy Schneider gezeigt wird, sofort eine gedankliche Verbindung zu Österreich-Ungarn hervorruft.
    Doch seine Familiengeschichte ist viel umfangreicher. Um nur ein einen kleinen Eindruck davon zu gewinnen, möchte ich diese beiden Links hier einstellen:
    Wikipedia
    Familienhomepage
    Sacha Batthyany wurde nun in seiner Tätigkeit als Journalist von einer Kollegin auf einen Artikel über seine Tante Margit (geborene Thyssen-Bornemisza) angesprochen, in dem es um ein Massaker an 180 Juden in Rechnitz ging. (Das Thema wurde unter anderem auch von E. Jelinek mit "Der Würgeengel" verarbeitet). War seine Tante hier mit involviert? Und wenn ja, inwieweit?
    Dies - so scheint es - war der Startpunkt bzw. die Initialzündung. Sacha Batthyany machte sich nun auf ein Reise in seine eigene Vergangenheit.
    Das Buch ist keine historische Schilderung oder lückenlose Aufklärung, sondern schildert sehr stark die innere Zerissenheit. Was will ich wirklich wissen? Wie gehe ich mit den Informationen um? Was macht es mit mir? Wie stark beeinflusst die Vergangenheit, meine Wurzeln mein aktuelles Leben? Was wäre aus mir geworden, würden in der Vergangenheit andere Weichen gestellt worden sein?
    Der Autor schreibt dies in einem einfach lesbaren Stil (meiner Meinung nach mehr Journalismus als Literatur), aber sehr persönlich. Man hat oftmals das Gefühl, dass er sich gewissen Dinge einfach von der Seele schreiben muss.
    Und dann immer wieder diese Frage: "Und was hat das mit mir zu tun?", die sich der Autor ständig stellt.
    Ich persönlich glaube, dass er mit dem Buch nicht unbedingt zum Lieblingsverwandten avisierte innerhalb seiner Verwandtschaft, bei denen es sicher einige geben wird, die gewisse Dinge lieber auf sich beruhen lassen wollen. Vergangenheit ist Vergangenheit. Ist das legitim? Ist nicht jeder nur für sein eigenes Leben verantwortlich und nicht in einer Sippenhaft? Darf man die Vergangenheit filtern und sich über die positiven Aspekte freuen und die negativen ruhen lassen? Kann man sich überhaupt in die damalige Zeit wirklich heineinfühlen? Versteht der Autor seinen Vater, mit dem er immer wieder diskutiert und ihn auch zu Reisen in die Vergangenheit mitnimmt?
    Oder sind es eben die Wurzeln, egal ob sie dunkel oder hell sind, die uns ausmachen?
    Muss man alles wissen, oder kann auch manches Nichtwissen, das eigenen Leben erleichtern?
    Ich habe das Buch mit bewertet, und würde es durchaus auch Lesern empfehlen, die dieses Thema interessiert. Den halben Punkt Abzug gibt es für mich durch einzelne Passagen, u.a. mit seinem Therapeuten, die mir selbst etwas übertrieben erschienen (auch wenn sie vielleicht tatsächlich so stattgefunden haben sollten, was ich nicht beurteilen kann).
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Ausgaben von Und was hat das mit mir zu tun?

Hardcover

Seitenzahl: 256

E-Book

Seitenzahl: 247

Taschenbuch

Seitenzahl: 256

Hörbuch

Laufzeit: 00:05:12h

Besitzer des Buches 8

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