Cold Spring Harbor

Buch von Richard Yates, Thomas Gunkel

  • Kurzmeinung

    Mojoh
    Yates macht den Zeitgeist und die Zwänge der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts in den USA sehr gut spürbar.

Bewertungen

Cold Spring Harbor wurde insgesamt 11 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,4 Sternen.

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Meinungen

  • Yates macht den Zeitgeist und die Zwänge der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts in den USA sehr gut spürbar.

    Mojoh

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Cold Spring Harbor

    Inhalt
    Charles Shepard hat nach einem kurzen Kriegseinsatz sein Leben als Berufsoffizier auf amerikanischen Militärstützpunkten verbracht. Die Chance gemeinsam mit einem Freund ins Zivilleben zurück zu wechseln schlägt Charles (auch aus Rücksicht auf seine psychisch „labile“ Frau) zugunsten der Sicherheit im Staatsdienst aus. In den 40ern des vorigen Jahrhunderts ist Charles im Rang eines Captains (entspricht dem Hauptmannsrang der Bundeswehr) gerade aus der Armee ausgeschieden und mit Frau und Sohn nach Cold Spring Harbor auf Long Island gezogen. Charles Frau Grace hat sich schon immer wegen einer unklaren psychischen Erkrankung von der Welt zurückgezogen; den Haushalt erledigt zurzeit Charles. Der 1918 geboren Sohn Evan ist als gut aussehender Nichtsnutz bereits als Jugendlicher mit der Polizei in Konflikt geraten. Doch seit Evan sich für Autos interessiert und sein Talent als Schrauber entdeckt hat, besteht in seinem Leben Hoffnung auf eine Wendung zum Guten. Eine überstürzte Ehe aufgrund einer ungeplanten Schwangerschaft hat Evan bereits hinter sich. Charles ist im neuen Wohnort aufgrund seiner Army-Vergangenheit sofort ein angesehener Mann. Auf Long Island erwartet man von einem „Captain“ vermutlich automatisch den sehr viel höher besoldeten Rang eines Captains der Navy. Als Evan 1941 gemeinsam mit dem Vater seine zweite Frau kennenlernt, besteht wenig Anlass zur Hoffnung, dass der junge Mann inzwischen reif genug für eine Beziehung ist. Unlösbar wirkt der Konflikt, dass Evan ursprünglich für ein Maschinenbaustudium sparen will und beide Familien das Konzept einer berufstätigen Frau mit studierendem Ehemann nicht zu kennen scheinen. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs verschärft sich die Situation der jungen Shepards weiter durch Charles fixe Idee, sein Sohn müsse in einer Stellvertreter-Rolle für ihn in den Krieg ziehen. Die Familie von Rachel Drake lässt sich indessen von einem durch sie selbst schöngeredeten Bild der Shepards als bedeutender Familie blenden, das der Realität nicht standhalten kann. Die Ehe zwischen Evan und Rachel dient beiden Familien als Rettungsring aus überaus bescheidenen Lebensumständen. Charles und Evan wirken dabei wie Schauspieler in nicht geprobten Rollen und in für sie viel zu großen Kostümen.
    Auf wenigen Seiten skizziert Richard Yates sehr nüchtern und distanziert ein Familienszenario, das vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs ein gewaltiges Konfliktpotential birgt. Rachel und ihre Mutter Gloria fühlen sich von der Beziehung zu den Shepards in ihrer Bedeutung aufgewertet. Auch Evan fühlt sich erst durch Rachels Bewunderung als Mann. Beachtlich in einem so kurzen Roman fand ich die Nebenrolle des 16-jährigen Philip Drake, Rachels jüngerem Bruder, der eine eigenständige Beziehung zu Evan findet. Philip setzt im Roman die Reihe der Männer fort, die sich vom Militärdienst gesellschaftlichen Aufstieg und persönliche Reife versprechen. Der Junge dient Richard Yates aber auch dazu, die Klassenunterschiede zu den im Ort alteingesessenen Familien zu verdeutlichen und damit die Aussichtslosigkeit der Aufstiegspläne von Evan, Rachel und Philip.
    Fazit
    Rund siebzig Jahre liegen die Erlebnisse der Shepards und der Drakes zurück und die Einstellungen der beiden Familien werden heute auf manchen Leser befremdlich wirken. „Cold Spring Harbour” wird mir besonders durch die nüchterne und dabei liebevolle Sicht des Erzählers auf seine Figuren in Erinnerung bleiben.
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  • Rezension zu Cold Spring Harbor

    Klappentext:
    Charles und Grace Shepard leben in den 1940er-Jahren im Städtchen Cold Spring Harbor auf Long Island. Sie sorgen sich um Sohn Evan, der nach einer wilden Pubertät und einer früh gescheiterten Ehe nicht recht auf die Beine kommt. Da lernen sie zufällig Familie Drake kennen. Während die trinkfreudige Mutter Gloria Charles anhimmelt, der für sie den Lockruf des »alten Geldes« verkörpert, verliebt sich Evan in Glorias Tochter, die stille, schöne Rachel. Nach einer kurzen Verlobungszeit heiraten sie, doch das Haus in Cold Spring Harbor müssen sie sich mit Gloria teilen.
    Ein Roman über Väter und Söhne, Mütter und Töchter, die Liebe und die Fehler der Jugend. Meisterhaft und mit nur wenigen Pinselstrichen gelingt es Richard Yates, »einem der wichtigsten amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts« (FAZ), psychologische Fallstricke, Lebenslügen und Selbstbetrug im Amerika der 1940er-Jahre aufzudecken – und dabei doch immer auch ein Herz für seine Figuren zu haben. (von der DVA-Verlagsseite kopiert)
    Zum Autor:
    Richard Yates wurde 1926 in Yonkers, New York, geboren und lebte bis zu seinem Tod 1992 in Alabama. Obwohl seine Werke zu Lebzeiten kaum Beachtung fanden, gehören sie heute zum Wichtigsten, was die amerikanische Literatur des 20. Jahrhunderts zu bieten hat. Wie Ernest Hemingway prägte Richard Yates eine Generation von Schriftstellern. Die DVA publiziert Yates’ Gesamtwerk auf Deutsch, zuletzt erschien der Roman "Eine strahlende Zukunft". Das Debüt "Zeiten des Aufruhrs" wurde 2009 mit Leonardo DiCaprio und Kate Winslet in den Hauptrollen von Regisseur Sam Mendes verfilmt. „Cold Spring Harbor“, zuerst veröffentlicht 1986, ist Yates‘ letzter vollendeter Roman. (von der DVA-Verlagsseite kopiert)
    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: Cold Spring Harbor
    Erstmals erschienen 1986 bei Delacorte Press / Seymour Lawrence, USA
    Aus dem Englischen übersetzt von Thomas Gunkel
    Aus der Perspektive eines unbeteiligten Beobachters erzählt
    14 Kapitel auf 236 Seiten
    Persönliche Meinung:
    Es sind vor allem die amerikanischen Autoren (Tyler, Hoffman, O’Nan, auch Irving), die das Genre des Familienromans auf eine ganz besondere Weise beherrschen: Sie stellen eine „normale“ Familie in den Mittelpunkt und betrachten das Außergewöhnliche, das Einzigartige jedes Einzelnen. Sie entwickeln das Beziehungsgeflecht und die Entwicklungen ihrer Figuren aus dieser Individualität. Und: Kein Erzähler wertet oder kommentiert, die Personen sprechen und handeln für sich.
    „Cold Spring Harbor“ ist ein Paradebeispiel für diese Art des Erzählens. Sohn Evan, viel zu jung verheiratet und Vater, schnell geschieden macht denselben Fehler noch mal, heiratet die junge unbedarfte Rachel, bekommt ein Kind mit ihr und würde doch viel lieber seine beruflichen Träume wahr machen und Maschinenbau studieren. – Das Motiv des jungen Ehemannes, der sich an seiner Arbeitsstelle unzufrieden fühlt und gerne höher hinaus will, aber wegen seiner Familie Geld verdienen muss, erscheint bei Yates nicht zum ersten Mal.
    Weitere Motive, unverkennbar vom Autor der eigenen Biographie entlehnt, entdeckt man: Dauernde Umzüge und Wohnortwechsel. Gloria, Rachels Mutter, mutet ihren Kindern (ebenso wie Yates’ Mutter) zu, sich alle paar Jahre neu zu orientieren, ihre Freunde zu verlassen und sich an neuen Schulen zurechtzufinden.
    Auch das Problem, jeden Cent umzudrehen und dennoch mit Einschränkungen gerade genug zum Leben zu haben, kannte der Autor persönlich.
    Yates war Alkoholiker und in jedem seiner Romane tauchen Figuren auf, die trinken. Hier sind es Gloria, deren ausgeprägte Schwatzhaftigkeit von ihren Drinks befeuert wird. Und Grace, Evans Mutter, die sich hinter einer unbekannten psychischen Schwäche versteckt (heute würde man „Depression“ vermuten), das Haus nicht verlässt und ohne die Fürsorge ihres Ehemanns nicht überlebensfähig wäre.
    Charles, Evans Vater, und Rachels Bruder Phil sind die Sympathieträger. Der Vater, der trotz jugendlicher Eskapaden und übereilter Familiengründungen unbeirrbar zu seinem Sohn hält und ebenso treu und aufopfernd mit seiner Frau umgeht. Und Phil, der von Gleichaltrigen oft gehänselt wird, der die Schwächen seiner Mutter und die von Freunden und Bekannten klar erkennt, geht beharrlich seinen Weg. Trotz anfänglicher Skepsis nähert er sich seinem Schwager Evan allmählich an.
    Yates’ Figuren trotten im Alltag vor sich hin und sind dankbar für Abwechslung und kleine glückliche Ereignisse. Doch die kleinen zufriedenen Momente sind teuer; oft erkauft mit Vertuschung, Unehrlichkeit und versteckten Begehrlichkeiten. Man träumt oder trinkt sich sein gewohntes Leben glänzender und aufregender als es ist, und erhofft oder verlangt von anderen, dass sie die Leere füllen oder das dumpfe Schicksal aufwerten.
    Es sind die leisen Zwischentöne menschlicher Beziehungen und ihrer Muster, von denen Yates meisterhaft erzählt. Ein Glück für Leser, dass seine Werke wieder entdeckt und übersetzt wurden.
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Ausgaben von Cold Spring Harbor

Hardcover

Seitenzahl: 240

Taschenbuch

Seitenzahl: 240

E-Book

Seitenzahl: 241

Cold Spring Harbor in anderen Sprachen

  • Deutsch: Cold Spring Harbor (Details)
  • Englisch: Cold Spring Harbor (Details)

Besitzer des Buches 18

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