Wir

Buch von Jewgenij Samjatin

Bewertungen

Wir wurde insgesamt 6 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,7 Sternen.

(5)
(1)
(0)
(0)
(0)

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Wir

    Wir ist die Dystopie, bevor es Dystopien gab, fertiggestellt 1920, veröffentlicht 1921, Vorläufer und Inspiration für so bekannte Werke wie Orwells 1984 und Huxleys Schöne neue Welt.
    Und es ist so ganz anders, als ich es erwartet hatte. Dabei weiß ich gar nicht, was ich erwartet hatte; stilistisch entspricht das Buch durchaus der Literatur der frühen 1920er Jahre. Vermutlich habe ich es so häufig mit 1984 verglichen gesehen, dass ich mir etwas ähnlich Klinisch-Kühles (Totlangweiliges... ) vorgestellt habe* – und nicht diesen expressionistischen, emotionalen und stark symbollastigen Tagebuchbericht.
    Staatsmathematiker D-503 baut das Raumschiff 'Integral', das unter anderem Berichte und poetische Ergüsse ins All tragen soll, Lobpreisungen auf den “Einzigen Staat” (bzw. der "Vereingte Staat", bzw. der "Eine Staat", je nach Übersetzung)**. Während er schreibt, trifft D-503 auf I-330 – eine Frau, die im Wortsinne sein Weltbild ins Wanken bringt. D-503 verliebt sich, entwickelt eine Seele, entwickelt ein Selbstbewusstsein.
    Vor die Selbsterkenntnis hat Samjatin hier das Begehren gesetzt. Mit dem Begehren kommt die Eifersucht, kommt ein Bewusstsein für “meins”, damit kommt ein Bewusstsein für “ich”.
    Das hätte noch etwas besser funktioniert, wenn die Protagonisten nicht von Anfang an in recht individualistischen Begriffen wie “ich” und “mein” gedacht hätten. Das schien mir nicht ganz zum kollektivistischen System, das so viel Wert auf Gleichheit und “wir” legt, zu passen.
    Das ist aber nur ein kleiner Kritikpunkt. Wir ist vor allem ein stilistisch hochinteressantes Werk, voller mathematischer Metaphorik. Der an den Expressionismus erinnernde, getrieben wirkende Stil mit seinen zahlreichen nicht vollendeten und oft unzusammenhängenden Sätzen mag nicht jedem gefallen. Er spiegelt aber das Innenleben des unzuverlässigen Erzählers perfekt wider, zeigt das Hinabgleiten eines Mannes von der bekannten Ordnung ins Chaos, vom kollektivistischen “wir” zum “ich” und zu all dem Wahnsinn, der mit dem Mensch-sein einhergeht.
    Wertung:
    *und ja, es ist so verdammt unfair, dass Orwell einen Großteil der Lorbeeren einheimst, für das, was Samjatin vorhergedacht hat. Im Gegensatz zu Huxley hat Orwell aber wenigstens zugegeben, woher seine Inspiration kam. (So sehr ähnlich sind sich die Bücher dabei gar nicht mal. Wenn ich mich für eine der drei Dystopien entscheiden müsste, wäre es auf jeden Fall Wir.)
    ** Ich habe die deutsche Übersetzung von Gisela Drohla gelesen, die der oben Verlinkten entsprechen dürfte und die "Einziger Staat" nutzt, außerdem die englische Fassung von Gregory Zilboorg, der das Gebilde "United State" nennt (im Gegensatz zu den meisten anderen englischen Übersetzungen, die "OneState" nutzen). --> Berufskrankeit ;)
    Weiterlesen
  • Rezension zu Wir

    Klappentext:
    Wie die Romane von George Orwell und Aldous Huxley, die von dem russischen Schriftsteller Jewgeneij Samjatin beieinflusst wurden, gehört Wir zu den grossen visionären Romanen dieses Jahrhuderts.
    Schon 1920 entwarf Samjatin (1884 - 1937), von der Revolution enttäuscht, in seinem Roman die alptraumhafte Welt eines totalitären Staates. D503, Bürger des Einzigen Staates und Konstrukteur des Rakentenweltraumschiffes Integral, berichtet in seinem Tagebuch vom Leben in einer strahlenden, kristallen durchsichtigen Stadt, in der die Bürer als uniformierte Nummern leben. Von der Arbeit bis zur Liebe ist das Leben streng nach mathematischen Gesetzen organisiert, jede Regung wird beobachtet und kontrolliert. Doch D 503 entdeckt in sich dunkle Triebe aus einer längst vergangenen Zeit - bei ihm hat sich "eine Seele gebildet". Die ganze seelenlose Ordnung der technischen Welt gerät durcheinenander......
    Die Mutter aller Anti-Utopien wie "Schöne neue Welt", "Kallocain" oder "1984", um nur ein paar zu nennen. Es macht traurig beim Lesen, denn die Handlung ist, wenngleich spannend, dramatisch und deprimierend. Die Hauptfigur, D-503, befindet sich im Zweifel, zwischen zwei Stühlen sitzend: Einerseits der staatlichen Ideologie hörig, andererseits verwirren ihn die plötzlichen Gefühle, die die Revolutionärin I-330 bei Ihm weckt. Die Tagbucheinträge machen den Zwiespalt offensichtlich, es kommt zu einem dramatischen Finale.
    Darüber hinaus fasziniert die Vision der totalen Durchsetzung einer gesellschaftlichen Idee zu einem funktionierenden Organismus, der letztendlich nur dem Machterhalt und Machtausbau der Herrscher dient, nicht aber dem Wohle der Allgemeinheit oder des Einzelnen. Auch wenn das natürlich Behauptet wird.
    Mir hat das Buch gut gefallen, obwohl ich denke, man muss es nicht unbedingt gelesen haben wenn der ähnliche Roman "1984" bekannt ist - als Fan dieses Genres ist es jedoch Pflicht - schon aus historischen Gründen .
    Weiterlesen

Ausgaben von Wir

Taschenbuch

Seitenzahl: 164

E-Book

Seitenzahl: 228

Hardcover

Seitenzahl: 274

Ähnliche Bücher wie Wir

Besitzer des Buches 18

  • Mitglied seit 3. November 2013
  • Mitglied seit 16. September 2018
  • Mitglied seit 8. September 2018
  • Mitglied seit 13. September 2017
  • Mitglied seit 31. Dezember 2014
  • Mitglied seit 18. Januar 2015
  • Mitglied seit 5. Oktober 2008
  • Mitglied seit 17. September 2014
Update: