Erinnerung an einen schmutzigen Engel

Buch von Henning Mankell, Verena Reichel

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Erinnerung an einen schmutzigen Engel

Ein Leben zwischen Schwarz und Weiß 1904. Als Älteste von fünf Geschwistern muss die achtzehnjährige Hanna ihre Heimat verlassen, um selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Sie heuert als Küchengehilfin auf einem Frachtschiff nach Übersee an und geht in der portugiesischen Kolonie Mosambik von Bord. Dort heiratet sie den Bordellbesitzer Senhor Vaz, der wenig später stirbt und ihr das Bordell sowie ein stattliches Vermögen hinterlässt. Damit will sie die Lebens- und Arbeitsbedingungen der schwarzen Frauen verbessern. Doch ihre Einmischung in die koloniale Ordnung ist weder bei den Weißen noch bei den Schwarzen erwünscht …
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Über Henning Mankell

Mit dem schwedischen Schriftsteller und Theaterregisseur Henning Mankell ist untrennbar die bekannte Krimiserie um den Kommissar Kurt Wallander verbunden. Der Meister des Schwedenkrimis wurde 1948 in Stockholm geboren und starb 2015 in Göteborg. Mehr zu Henning Mankell

Bewertungen

Erinnerung an einen schmutzigen Engel wurde insgesamt 17 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Erinnerung an einen schmutzigen Engel

    […]
    Das war auch mein drittes Afrika-Buch von Mankell und ich muss sagen, dass mir die Bücher genau so gut gefallen wie seine Krimis. Obwohl ich dieses nicht so traurig fand wie „Die rote Antilope“ oder „Der Chronist der Winde“. Wahrscheinlich liegt es daran, dass in diesen beiden Büchern die Protagonisten Kinder sind und mich das dadurch noch mehr berührt hat. Aber „Erinnerung an einen schmutzigen Engel“ ist auch keine leichte Kost. Ganz und gar nicht. Und man möchte manchmal einfach nur schreien bei so viel Ungerechtigkeit und Grausamkeit.
    „Erinnerung an einen schmutzigen Engel“ erzählt die Geschichte von Hanna, einer weißen jungen Frau, die zu Beginn des letzten Jahrhunderts gezwungen wird, ihre schwedische Heimat zu verlassen, um ein besseres Leben zu suchen. Ihre Reise führt sie in die damalige portugiesische Kolonie Mosambik. Dort wird sie und der Leser mit Rassismus, Gier, Grausamkeit, Armut, Unterdrückung und Ausbeutung konfrontiert.
    Ein schmutziger Engel...so hat Hannas Vater sie beschrieben und ich finde, dass es eine passende Beschreibung ist. Während sie sich anfangs von den lokalen Gebräuchen bei der Behandlung von Schwarzen noch leiten lässt, beginnt sich ihre Einstellung und ihre Sicht zu ändern und sie möchte wirklich helfen und tut es dann auch, soweit es in ihrer Macht steht. In ihrer Figur zeigt sich auch das Problem der komplizierten Beziehung zwischen dem Selbst und der Gemeinschaft, zu der man scheinbar gehört. Man wird beeinflusst, so wie Hanna, obwohl man im Inneren weiß, dass es falsch ist. Eine Szene im Buch macht das deutlich.
    Obwohl es einige grausame Stellen gibt und das Gelesene nicht leicht zu ertragen ist, ist die Geschichte nicht ohne Schönheit und Tiefe. „Erinnerung an einen schmutzigen Engel“ ist eine stimmungsvolle, ergreifende und fesselnde Geschichte.
    […]
    Diese Stelle habe ich mir auch markiert. Es ist auch irgendwie kein Wunder, dass die Weißen so wenig Freude empfinden. Auch wenn sie die schwarze Bevölkerung unterdrücken, verachten und erniedrigen, haben sie Angst vor ihnen. Eine Angst, die man nicht direkt sieht, aber die unter der Oberfläche immer vorhanden ist. Das erklärt auch den Erfolg von Pedros "Wachhunden. (Ein schrecklicher Charakter, übrigens). Einerseits haben sie Angst vor Aufständen. Anderseits macht es ihnen ihre begrenzte Sicht und ihre angebliche Überlegenheit unmöglich die Gebräuche/Kultur der schwarzen Bevölkerung zu verstehen. Das Fremde und Unbegreifliche macht ihnen Angst. Das hat Mankell an einigen Stellen sehr schön aufgezeigt.
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  • Rezension zu Erinnerung an einen schmutzigen Engel

    Dies war mein drittes Afrika-Buch dieses Autors, das vorwiegend in Moçambique spielt, der zweiten Heimat des Autors. Genau wie die zwei anderen Bücher ist der Inhalt eher traurig, deprimierend und frustrierend. Wie auch schon in einigen anderen seiner Bücher (ausserhalb der Wallander-Reihe) war mir die Protagonistin nicht sehr sympathisch. Jedoch versteht es Mankell sehr gut, ihren Charakter intensiv zu beschreiben und sich in ihn hineinzuversetzen. Der Schreibstil ist wie gewohnt stoisch und ruhig, aber absolut nicht langweilig oder langatmig. Man bekommt Gänsehaut und wird wütend, wenn man liest, wie die Schwarzen behandelt wurden und man stellt sich die Frage, mit welchem Recht sie von den Weissen dermassen misshandelt, gedemütigt und ausgebeutet wurden. Mir persönlich stellen sich da die Haare zu Berge.
    Eine Passage, die mir sehr gut gefallen hat, ich zitiere : "Mitten in der unbegreiflichen Armut sehe ich Inseln von Reichtum. Wie kommt es, dass es diese Freude gibt ? Diese Wärme, die längst erkaltet sein müsste ? Wenn ich es umkehre, sehe ich bei den Weissen, die hier leben, viel grössere Armut mitten in ihrem Wohlstand."
    Der Anfang und das Ende des Buches beruhen auf reellen bemerkenswerten Dokumenten, denen entnommen wurde, dass Ende des 19. Jahrhunderts bzw Anfang des 20. tatsächlich eine Schwedin nach Moçambique kam, dort Besitzerin eines der grössten Bordelle war und dann spurlos verschwand. Mankell erklärt, dass sich seine Geschichte auf das Wenige, was wir wissen und all das, was wir nicht wissen, gründet. Ich fand das Buch gut
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  • Rezension zu Erinnerung an einen schmutzigen Engel

    Klappentext:
    Schweden, Anfang 20. Jahrhundert: Die junge mittellose Hanna muss als älteste von fünf Geschwistern ihr Heimatland verlassen und kommt in die portugiesische Kolonie Mocambique. Sie wird dort ein Vermögen erben, ein Bordell leiten und einige Jahre später spurlos wieder verschwinden. Auf der Grundlage weniger überlieferter Dokumente hat Bestsellerautor Henning Mankell einen spannenden, farbenprächtigen Roman über eine außergewöhnliche Frau geschrieben, die ihren eigenen Weg zwischen den weißen Rassisten und der schwarzen Bevölkerung in Afrika finden muss. (von der Verlagsseite kopiert)
    Zum Autor:
    Henning Mankell, geboren 1948 in Härjedalen, Schweden, lebt als Theaterregisseur und Autor in Schweden und in Maputo (Mosambik). Seine Romane um Kommissar Wallander sind internationale Bestseller, u.a. Die fünfte Frau (1998 ) und Mittsommermord (2000). Zuletzt erschienen bei Zsolnay der Krimi Der Chinese (2008 ), der Roman Daisy Sisters (2009) und Der Feind im Schatten (2010). (von der Verlagsseite kopiert)
    Allgemeine Informationen:
    Erstmals erschienen 2011 beim Leopard Förlag, Stockholm
    346 Seiten, aufgeteilt in Prolog, vier Teile mit inhaltsbezogenen Titeln, Epilog, Nachwort des Autors und kleines Glossar
    Das Buch ist aus der personalen Perspektive Hannas erzählt, bleibt dicht bei ihr, ihren Gedanken, Handlungen und Entscheidungen. Der Schwerpunkt liegt auf der Handlungsebene, Reflexionen wendet sich Hanna vor allem dann zu, wenn sie Neues erlebt, eine Kehrtwendung ihres Lebens erfährt oder Beschlüsse fassen muss.
    Ab Teil IV ändert sich der Vornamen „Hanna“ in „Ana Branca“ = weiße Anna, um im Epilog wieder „Hanna“ zu werden.
    Eigene Meinung / Beurteilung:
    Nach „Das Auge des Leoparden“ (1990 / deutsch 2004) hat Mankell wieder einen Roman über einen Schweden geschrieben, den es nach Afrika verschlägt. War es dort ein Mann, der aus freiem Willen nach Afrika kommt, ist es hier eine Frau, die durch merkwürdige Wege des Schicksals und Zufälle nach Ostafrika gerät. Aber hier wie dort bleiben die Figuren nach einer Erbschaft im Land.
    Dass Hanna, ein Mädchen, das bis dahin außer dem heimatlichen Hof und dem Haus seines Arbeitgebers in Schweden keine Ecke der Welt kennt, sich so schnell zurechtfindet und dank eines gefundenen portugiesisch-schwedischen Wörterbuchs die fremde Sprache in kurzer Zeit beherrscht, dass sie innerhalb von Tagen das Selbstbewusstsein einer erfahrenen Geschäftsfrau erlangt, setzt hinter die Glaubwürdigkeit ein Fragezeichen.
    „Das Bordell ist ein grausamer Treffpunkt der Macht und der Machtlosen, an dem die Liebe zur Ware wird“, zitiert der Covertext den Autor. Doch ausgehend von diesem Zitat und dem Klappentext darf man nicht erwarten, dass die Ausnutzung der ausschließlich schwarzen Prostituierten durch ausschließlich weiße Kunden im Fokus steht. Die wohltuend sparsam eingesetzten Details, mit denen die Frauen das Treiben der Männer beklagen, würde man vermutlich aus jedem Bordell der Welt hören.
    Es scheint sogar, als seien die Frauen aus dem Bordell gegenüber anderen Schwarzen, die der Willkür der weißen Herren ausgeliefert sind, in einer privilegierten Lage, weil sie unter dem Schutz des Besitzers, später Hannas Schutz, stehen.
    Das alltägliche Leben wird bestimmt von der Rechtlosigkeit und der Unterdrückung der Schwarzen durch die portugiesischen Kommandanten und Kaufleute. Gemäß der Überzeugung der meisten Kolonialmächte stehen Schwarze auf derselben Ebene wie Tiere; freigegeben zur persönlichen Verwendung als Dienstboten, Abfallbeseitiger, Minenarbeiter oder Bettgefährten, der Beliebigkeit unterworfen, sie zu schlagen, zu strafen oder zu vertreiben.
    Aber: Mankell erzählt eine Geschichte aus der Historie. Der erhobene Zeigefinger in Richtung gegenwärtiger Ausbeutung fehlt. Das Weiterdenken überlässt Mankell dem Leser (der evtl. dazu bereits sein Buch „Der Chinese“ gelesen hat), obwohl er sicher weiß, wie er dessen gerechten Zorn auslöst.
    Denn: Selten findet man ein Buch, bei dessen Lektüre es sich so unterhaltsam empören lässt.
    Hanna erlebt, dass europäische und afrikanische Ansichten über Freundschaft, Gerechtigkeit, Dankbarkeit und Treue völlig verschieden sind. Doch wie soll man Maßstäbe finden, um sich selbst und seinem Gegenüber gerecht zu werden? Oder sind die Barrieren unüberwindbar?
    Am Schluss darf man gespannt sein, wie der Autor es schafft, eine historische Ungewissheit (niemand weiß, wie und wohin Hanna verschwand) nicht durch eine fiktive Tatsache zu verfälschen, um ihr einen klaren, aber historisch nicht gesicherten Weg zu ebnen. Mankell bietet eine zauberhafte „afrikanische Lösung“.
    Fazit:
    Ein weiteres Buch in Mankells Reihe der lesenswerten Afrikabücher, diesmal mit realem geschichtlichem Hintergrund und einer historischen Protagonistin.
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  • Rezension zu Erinnerung an einen schmutzigen Engel

    Manchmal ist es nur ein kleiner Hinweis, eine Nebenbemerkung, eine flüchtige Beobachtung, die einen Schriftsteller zu seinem nächsten Romanstoff führt. Bei Henning Mankell war es ein Hinweis seines Schriftstellerkollegen und Afrikafreunds Tor Sällström. Er sei in dem alten kolonialen Archiv von Maputo auf bemerkenswerte Dokumente gestoßen, denen er entnommen habe, dass Ende des 19. Jahrhunderts eine Schwedin Besitzerin eines der größten Bordelle der Stadt gewesen sei, die damals noch Lourenco Marques hieß. Sie fand in den Dokumenten Erwähnung, weil die über mehrere Jahre eine bedeutende Steuerzahlerin gewesen ist. Sie sei ebenso plötzlich dort aufgetaucht, wie sie einige Jahre später wieder spurlos verschwunden sie. „Wer war Sie? Woher kam Sie?“ Diesen Fragen ist Henning Mankell weiter gefolgt, hat aber nur wenig mehr herausgefunden, als das, was in den Dokumenten stand. „Meine Geschichte gründet sich also auf das wenige, was wir wissen, und all das, was wir nicht wissen.“
    Und so erzählt er die Geschichte von Hanna Renström, die als älteste von fünf Geschwistern nach dem Tod ihres Vaters ihr Elternhaus in Nordschweden verlässt, weil die Mutter nicht mehr alle allein ernähren kann. Dieser Vater hatte Hanna mit einer Stimme, die gegen Ende seines Lebens nur noch ein Flüstern war, liebevoll einen „schmutzigen Engel“ genannt, Worte, die sie lange begleiten und an die sie sich in der Folgezeit immer wieder erinnern wird.
    Das Buch erzählt nun, wie sich Hanna durchsetzt in einer Gesellschaft, die von Kolonialismus und Rassismus geprägt ist. Es erzählt davon, wie sie konfrontiert wird, mit einer bespiellosen Unterdrückung der Schwarzen durch die weißen Herren. Wie sie ganz langsam ein Bewusstsein gewinnt von dieser Ungerechtigkeit und auch öffentlich dazu Stellung nimmt.
    In ihrem Einsatz für eine schwarze Frau, die sie kennengelernt hat, begegnet sie eines Tages deren Bruder Moses. Zu ihm entwickelt sie eine zarte Liebesgeschichte, deren Ausgang offen bleibt. Offen bleibt auch, ob das ersehnte, aber eigentlich unmögliche gemeinsame Leben mit Moses der Grund ist für ihr spurloses Verschwinden. Es ist wohl vor allem die Begegnung mit Moses, die langsam eine tiefe Erkenntnis in ihr wachsen lässt:
    „Ich lebe in einer Welt, in der die Weißen ihre Kräfte dabei vergeuden, sich selbst und die Schwarzen zu betrügen, dachte sie. Sie glauben, die schwarzen Menschen hier würden ohne ihre Anwesenheit nicht zurechtkommen und ihr Leben sei weniger wert, weil sie glauben, dass Steine und Bäume Geister beherbergen. Aber die Schwarzen ihrerseits verstehen nicht, wie man einen Sohn Gottes so schlecht behandeln kann, dass man ihn an ein Kreuz nagelt. Sie wundern sich über die Weißen, die hierher kommen und es so eilig haben, dass sie bald der Herzschlag trifft, weil sie die Jagd auf Reichtum und Macht nicht verkraften. Die Weißen lieben das Leben nicht. Sie lieben die Zeit, von der sie immer zu wenig haben.“
    Ich halte diese Reflexionen Hannas für das Zentrum eines Buches, mit dem Henning Mankell nicht nur seinem beeindruckenden Werk einen weiteren Afrikaroman hinzufügt, sondern mit der dem auch in der Gestalt Hannas ein wichtiges Porträt zeichnet einer Frau, die ihrer Zeit weit voraus war.
    Obwohl es ein historischer Roman ist, ist seine Botschaft sehr aktuell. Er beschreibt sehr überzeugend das Verhältnis von Unterdrückern und Unterdrückten als eines von gegenseitiger Angst, die sie beide wie in einem Käfig gefangen hält. Und er zeigt auch hoffnungsvolle Wege, wie die unüberwindlich geglaubten Barrieren zwischen „Uns und den Anderen“ überwunden werden können.
    Aus einer kleinen Notiz in einem historischen Dokument hat Henning Mankell einen großen Roman gemacht, der erzählt von einem ungewöhnlichen Frauenschicksal und den nach wie vor ungelösten Fragen von rassistischer Unterdrückung und menschenfeindlicher Ungerechtigkeit.
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Rezensionen zum Hörbuch

  • Rezension zu Erinnerung an einen schmutzigen Engel

    Henning Mankell, Erinnerung an einen schmutzigen Engel, Der Hörverlag 2012, ISBN 978-3-86717-925-6
    Manchmal ist es nur ein kleiner Hinweis, eine Nebenbemerkung, eine flüchtige Beobachtung, die einen Schriftsteller zu seinem nächsten Romanstoff führt. Bei Henning Mankell war es ein Hinweis seines Schriftstellerkollegen und Afrikafreunds Tor Sällström. Er sei in dem alten kolonialen Archiv von Maputo auf bemerkenswerte Dokumente gestoßen, denen er entnommen habe, dass Ende des 19. Jahrhunderts eine Schwedin Besitzerin eines der größten Bordelle der Stadt gewesen sei, die damals noch Lourenco Marques hieß. Sie fand in den Dokumenten Erwähnung, weil die über mehrere Jahre eine bedeutende Steuerzahlerin gewesen ist. Sie sei ebenso plötzlich dort aufgetaucht, wie sie einige Jahre später wieder spurlos verschwunden sie. „Wer war Sie? Woher kam Sie?“ Diesen Fragen ist Henning Mankell weiter gefolgt, hat aber nur wenig mehr herausgefunden, als das, was in den Dokumenten stand. „Meine Geschichte gründet sich also auf das wenige, was wir wissen, und all das, was wir nicht wissen.“
    Und so erzählt er die Geschichte von Hanna Renström, die als älteste von fünf Geschwistern nach dem Tod ihres Vaters ihr Elternhaus in Nordschweden verlässt, weil die Mutter nicht mehr alle allein ernähren kann. Dieser Vater hatte Hanna mit einer Stimme, die gegen Ende seines Lebens nur noch ein Flüstern war, liebevoll einen „schmutzigen Engel“ genannt, Worte, die sie lange begleiten und an die sie sich in der Folgezeit immer wieder erinnern wird.
    Das Buch erzählt nun, wie sich Hanna durchsetzt in einer Gesellschaft, die von Kolonialismus und Rassismus geprägt ist. Es erzählt davon, wie sie konfrontiert wird, mit einer bespiellosen Unterdrückung der Schwarzen durch die weißen Herren. Wie sie ganz langsam ein Bewusstsein gewinnt von dieser Ungerechtigkeit und auch öffentlich dazu Stellung nimmt.
    In ihrem Einsatz für eine schwarze Frau, die sie kennengelernt hat, begegnet sie eines Tages deren Bruder Moses. Zu ihm entwickelt sie eine zarte Liebesgeschichte, deren Ausgang offen bleibt. Offen bleibt auch, ob das ersehnte, aber eigentlich unmögliche gemeinsame Leben mit Moses der Grund ist für ihr spurloses Verschwinden. Es ist wohl vor allem die Begegnung mit Moses, die langsam eine tiefe Erkenntnis in ihr wachsen lässt:
    „Ich lebe in einer Welt, in der die Weißen ihre Kräfte dabei vergeuden, sich selbst und die Schwarzen zu betrügen, dachte sie. Sie glauben, die schwarzen Menschen hier würden ohne ihre Anwesenheit nicht zurechtkommen und ihr Leben sei weniger wert, weil sie glauben, dass Steine und Bäume Geister beherbergen. Aber die Schwarzen ihrerseits verstehen nicht, wie man einen Sohn Gottes so schlecht behandeln kann, dass man ihn an ein Kreuz nagelt. Sie wundern sich über die Weißen, die hierher kommen und es so eilig haben, dass sie bald der Herzschlag trifft, weil sie die Jagd auf Reichtum und Macht nicht verkraften. Die Weißen lieben das Leben nicht. Sie lieben die Zeit, von der sie immer zu wenig haben.“
    Ich halte diese Reflexionen Hannas für das Zentrum eines Buches, mit dem Henning Mankell nicht nur seinem beeindruckenden Werk einen weiteren Afrikaroman hinzufügt, sondern mit der dem auch in der Gestalt Hannas ein wichtiges Porträt zeichnet einer Frau, die ihrer Zeit weit voraus war.
    Obwohl es ein historischer Roman ist, ist seine Botschaft sehr aktuell. Er beschreibt sehr überzeugend das Verhältnis von Unterdrückern und Unterdrückten als eines von gegenseitiger Angst, die sie beide wie in einem Käfig gefangen hält. Und er zeigt auch hoffnungsvolle Wege, wie die unüberwindlich geglaubten Barrieren zwischen „Uns und den Anderen“ überwunden werden können.
    Aus einer kleinen Notiz in einem historischen Dokument hat Henning Mankell einen großen Roman gemacht, der erzählt von einem ungewöhnlichen Frauenschicksal und den nach wie vor ungelösten Fragen von rassistischer Unterdrückung und menschenfeindlicher Ungerechtigkeit.
    Die hier vorliegende gekürzte Lesung des Schauspielers Axel Milberg wird mit Sicherheit wieder zur großen Zufriedenheit Mankells ausfallen, der am liebsten alle seine Bücher von Milberg gelesen haben möchte.
    Milberg gelingt es ganz hervorragend, den Hintergrund des Romas lebendig werden zu lassen. Er hat schon in anderen Einspielungen ein sehr feines Gespür bewiesen für die subtile Dramatik Henning Mankells. Auch hier gelingt es wieder, die Spannung hochzuhalten bis zum Ende.
    Die Kürzungen sind maßvoll und gelungen und reduzieren nicht das Buch, sondern sie konzentrieren es.
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Ausgaben von Erinnerung an einen schmutzigen Engel

Hardcover

Seitenzahl: 352

Taschenbuch

Seitenzahl: 352

E-Book

Seitenzahl: 353

Hörbuch

Laufzeit: 00:07:08h

Erinnerung an einen schmutzigen Engel in anderen Sprachen

  • Deutsch: Erinnerung an einen schmutzigen Engel (Details)
  • Schwedisch: Minnet av en smutsig ängel (Details)

Besitzer des Buches 35

  • Mitglied seit 21. Juni 2022
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  • Mitglied seit 22. März 2006
  • Mitglied seit 4. Juni 2004
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