Mumins Inselabenteuer

Buch von Tove Jansson, Birgitta Kicherer

  • Kurzmeinung

    Jean van der Vlugt
    Ein perfektes Buch. Erwachsene Leser sind wieder zu borniert und verbildet um zu erkennen, dass das Buch für sie ist!

Zusammenfassung

Serieninfos zu Mumins Inselabenteuer

Mumins Inselabenteuer ist der 10. Band der Mumins Reihe. Diese umfasst 13 Teile und startete im Jahr 1945. Der letzte bzw. neueste Teil der Serie stammt aus dem Jahr 1980.

Bewertungen

Mumins Inselabenteuer wurde insgesamt 3 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4 Sternen.

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Meinungen

  • Ein perfektes Buch. Erwachsene Leser sind wieder zu borniert und verbildet um zu erkennen, dass das Buch für sie ist!

    Jean van der Vlugt

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Mumins Inselabenteuer

    Die Autorin (Quelle: Arena): Tove Jansson (1914-2001) ist über die Malerei zur Schriftstellerei gekommen. Für ihre in viele Sprachen übersetzten Bücher wurde sie mit zahllosen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit der Nils-Holgersson-Medaille und dem Hans-Christian-Andersen-Preis.
    Klappentext (Quelle: Arena): Der Muminvater will sein Leben ändern und zieht mit seiner Familie in einen Leuchtturm. Das ist spannend, aber auch unheimlich. Es geschehen seltsame Dinge: Nachts wandern die Bäume über die Insel, der kleine Mumin kann die hübschen Seepferdchen am Strand beobachten, und manchmal wartet die böse Morra auf ihn!
    Schwedische, finnische und deutsche Ausgaben:
    Im Jahr 1965 erschien die schwedische Originalausgabe unter dem Titel "Pappan och havet" im Verlag Holger Schildt in Helsingfors (176 Seiten). Sie wurde später nicht mehr überarbeitet. Wiederaufgelegt wurde sie u.a. 1980 und 1987 bei Geber in Stockholm, 2010 bei Alfabet in Stockholm (207 Seiten), 2015 bei ‎ Rabén & Sjögren und 2019 im Förlaget M. Die finnische Übersetzung von Laila Järvinen erschien 1965 als „Muumipappa ja meri“ bei WSOY in Porvoo (181 Seiten). Die erste deutsche Übersetzung aus dem Schwedischen stammt von Dorothea Bjelfvenstam. Sie erschien zuerst 1970 (in zweiter Auflage 1972) unter dem Titel „Mumins Inselabenteuer“ bei Benziger in Zürich und Köln (180 Seiten). 1974 erschien eine Lizenzausgabe in der Wissenschaftliche Buchgesellschaft in Darmstadt (188 Seiten). Neu aufgelegt wurde die Bjelvenstam-Übersetzung 1991 in der Edition Benziger im Arena Verlag in Würzburg. Zwei Jahre später erschien sie 1993 ebendort unter dem leicht geänderten Titel „Mumins wundersame Inselabenteuer“. 1978 (sowie 1980, 1983 und später) erschien „Mumins Inselabenteuer“ auch zusammen mit „Geschichten aus dem Mumintal“ in dem Sammelband „Das große Muminbuch, erzählt und illustriert von Tove Jansson“ bei Benzinger in Zürich und Köln (332 Seiten). Die deutsche Neuübersetzung stammt von Brigitta Kicherer. Sie erschien 2003 als Arena-Taschenbuch Bd. 2276 im Arena-Verlag in Würzburg (234 Seiten), 2008 als Hardcover, 2012 als Arena-Taschenbuch Bd. 50323 und 2017 erneut als Hardcover mit der Bestell-nummer 60287 (234 Seiten). Inhalt:
    Erste Kapitel: Die Familie in der Glaskugel (OT: Familjen i glaskulan) – 18 Seiten
    Zweites Kapitel: Der Leuchtturm (OT: Fyren) – 45 Seiten
    Drittes Kapitel: Westwind (OT: Västvind) – 24 Seiten
    Viertes Kapitel: Nordostwind (OT: Nordosten) – 31 Seiten
    Fünftes Kapitel: Nebel (OT: Dimma) – 27 Seiten
    Sechstes Kapitel: Neumond (OT: Månen i nedan) – 20 Seiten
    Siebtes Kapitel: Südwestwind (OT: Sydvästen) – 34 Seiten
    Achtes Kapitel: Der Leuchtturmwärter (OT: Fyrvaktaren) – 28 Seiten Meine Einschätzung:
    Der achte Mumin-Roman ist ein perfektes Buch. Der Großteil erwachsener Leser ist wahrscheinlich wieder zu borniert und verbildet um zu erkennen, dass das Buch für sie ist! Mit so realitätsfernen, nur in der Fantasie möglichen, absurden oder symbolisch aufgeladenen Figuren wie Kafkas Gregor Samsa, Becketts ewig wartenden Landstreichern Estragon und Wladimir oder dem in seiner eigenen Wirklichkeit lebenden Don Quichotte haben erwachsene Leser und das Feuilleton viel weniger Schwierigkeiten, sie als literarische Akteure einer gereift vernünftigen Aushandlung allgemein menschlicher Themen zu begreifen. Aber dann kommt eine finnlandschwedische Künstlerin mit ihren an Nilpferde und Birnen erinnernden Trollen daher, beschrieben und gezeichnet in einem ganz eigenen Kosmos naturmagischer Wesen, die alle möglichen menschlichen, allzumenschlichen Probleme und Gemütszustände wälzen, und ihr bleibt nur der „literarische Katzentisch der Kinderliteratur“ vorbehalten. Ich bin der Erste, der (in Anlehnung an Wolfgang Eckes Bonmot) behaupten würde: Es gibt keine Kinderliteratur, es gibt nur Lektüre, die auch für Kinder geeignet ist. Und das setzt mich als erwachsener Leser gewissermaßen in die Pflicht, auch die Qualitäten in sogenannter Kinderliteratur zu suchen und zu entdecken. Eine Haltung, die Kinderliteratur per Generalverdacht einen einfachen, oberflächlichen und belanglosen Gehalt zuschreibt, verbietet sich damit ebenfalls: Belanglose Kinderbücher sind dann eben belanglose Bücher, aber die gibt es ja für alle Altersklassen.
    Belanglosigkeit ist das letzte, das man Toves Mumin-Büchern vorwerfen kann, verhandelt sie doch mit ihren imaginären Figuren das menschliche Seelenleben in einer Bandbreite und Tiefe, die auch in „erwachsener Literatur“ ihresgleichen sucht. Was passiert, wenn emotionale, seelische und charakterliche Befindlichkeiten auf die Wünsche, Gefühle und Handlungen anderer Lebewesen stoßen; die Schwierigkeiten, eine eigene Identität auszubilden; wie man mit Angst, Einsamkeit, Melancholie, Sehnsucht, Wut, Neid, Eifersucht und Trauer umgeht.
    „Mumins wundersame Inselabenteuer“ ist ein Buch über verschiedene Formen der Einsamkeit. Den Muminvater plagt mal wieder seine Abenteuerlust. Das Leben als Familienvater erscheint ihm langweilig und nutzlos. Daher folgt er seinen Träumen zu einer einsamen Insel, um dort als Leuchtturmwärter zu arbeiten. Die Mumin-Kernfamilie plus der kleinen Mü kehrt der vertrauten Heimat im Mumintal den Rücken und zieht auf die felsige, unwirtliche, lebensfeindliche Schäreninsel um. Ganz allein sind sie hier nicht, da auch ein maulfauler, etwas verrückt wirkender Fischer an einem Strand haust. Wie man so wenig gesellig sein kann, ist den Mumins unverständlich.
    Alle müssen auf der Insel lernen, auf ihre eigene Weise, mit der Veränderung umzugehen. Der Muminvater schafft es nicht, das Leuchtfeuer in Gang zu setzen, die Muminmutter versagt beim Anlegen eines Gartens auf der felsigen, salzgischtumtosten Insel, Mumin träumt von den legendären Seepferden, die sich als selbstverliebte Gesellen herausstellen, die über den moppeligen Mumin lachen. Nur die kleine Mü passt sich mit ihrer aufbrausenden, sarkastischen, eigensinnigen Art an die neuen Lebensumstände an. Den drei Mumintrollen fällt das Heimischwerden sehr schwer. Im Grunde fallen alle in eine Depression: Der Muminvater versucht das Meer, das er so liebt, zu verstehen. Er will es vermessen und ausloten, um dessen wildes Gebaren begreifen zu können. Die Muminmutter beginnt die Zimmerwände mit Blumen, Ranken und vielfältigen Szenen aus der alten Heimat zu bemalen; eine Fantasiewelt, in die sie tatsächlich leiblich eingehen kann, um aus der unliebsamen Gegenwart der Insel zu verschwinden. Der heranwachsende „Teenager“ Mumin sucht immer mehr das Eigene und Abgeschiedene, um mit seinen widerstreitenden Gefühlen zurecht zu kommen. Er sucht den Kontakt zu den Seepferden und zur einsamen, alles vereisenden Morra, die den Mumins auf einer Eisscholle gefolgt ist. Mit der Petroleumlampe leuchtet er ihr nachts am Strand – um sie auf Abstand zu halten, aber auch um sie zu begrüßen in ihrer beider Einsamkeit. Derweil sucht der Muminvater immer disparater nach einem neuen Lebensinhalt: Zum Beispiel als Entdecker versunkener Schätze, die er im Gumpen vermutet, einem trichterförmig erodierten oder unterirdisch mit dem Meer verbundenen Wassertümpel kurz hinter der Küstenlinie.
    Als im Herbst die Stürme zunehmen und die Stimmung des Muminvaters immer weiter in den Keller sinkt, wird die Lage immer unwohnlicher. Das stolze, große Meer macht der kleinen Insel richtiggehend Angst: Die Sandkörner kriechen vom Ufer weg, die Bäume ziehen ihre Wurzeln aus der Erde und wandern ins Landesinnere. Der Muminvater hört den Herzschlag der Insel, der dumpf, weich und anhaltend tief im Erdinnern der Insel ängstlich pocht. Und er geht mit dem Meer ins Gericht! Was für für ein Einvernehmen sorgt zwischen dem großen Meer und den kleinen Trollen sorgt. Außerdem laden die Mumins den Fischer zu einer Party mit Kuchen, Kaffee und Whisky zu sich in den Leuchtturm ein, als sie zufällig erfahren, dass er Geburtstag hat. Seine Verschlossenheit und Ängstlichkeit schwindet daraufhin und man erfährt vom Näheres vom Schicksal des Leuchtturmwärters. Am Ende haben die Mumins die Insel zu ihrem neuen Zuhause gemacht. Und das Leuchtfeuer erstrahlt hell.
    Die Stimmung des Buches ist traurig, sehr düster und regelrecht bedrohlich abweisend. Aber die psychologische Ausarbeitung der Innenwelten seiner Figuren ist grandios: Wie die Mumins in der Einsamkeit mit ihren jeweils typischen Lebensfragen konfrontiert werden; wie Individualität und private Sehnsüchte mit dem Familiensinn in Konflikt geraten; das Unvermögen, anderen die Person zu sein, die sie in diesem bestimmten Moment benötigen; wie die Mumins die Gelassenheit erreichen, völlig in der Gegenwart anzukommen – und diese dann mit anderen zu teilen: Das alles ist von einer erzählerischen Reichhaltigkeit und Menschlichkeit, die ich ansonsten überhaupt nur in ganz wenigen Büchern gefunden habe (vielleicht lese ich ja auch einfach die falschen Bücher ). Und wie die Natur mit Leben gefüllt wird, so dass im Grunde das Meer und die Insel ebenfalls als Protagonisten gezählt werden müssten, ist nichts weniger als wunderbar. Wie die Morra, dieses Kälte ausstrahlende Wesen, eine der rätselhaftesten Schöpfungen der Mumin-Welt, vor der alle Angst haben, in diesem Buch mit Leben gefüllt wird, und wie sie ihre Kälte verliert, als ihr Mumin freundlich empathisch entgegentritt, fand ich ganz vorzüglich.
    „Mumins wundersame Inselabenteuer“ ist mit Sicherheit das vollumfänglichste, tiefsinnigste Buch der Reihe, auch wenn mir „Winter im Mumintal“ mit seiner schwebenden Einfachheit und allgegenwärtigen Wehmut noch besser gefällt.
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Ausgaben von Mumins Inselabenteuer

Taschenbuch

Seitenzahl: 224

E-Book

Seitenzahl: 239

Hardcover

Seitenzahl: 240

Mumins Inselabenteuer in anderen Sprachen

  • Deutsch: Mumins Inselabenteuer (Details)
  • Englisch: Moominpappa at Sea (Details)
  • Schwedisch: Pappan och havet (Details)

Besitzer des Buches 9

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