Was mit dem weißen Wilden geschah

Buch von François Garde, Sylvia Spatz

Zusammenfassung

Inhaltsangabe zu Was mit dem weißen Wilden geschah

Nach einer wahren Geschichte 1843 wird der junge Matrose Narcisse Pelletier von seinem Kapitän versehentlich an der australischen Ostküste zurückgelassen. Als man ihn nach siebzehn Jahren zufällig wiederfindet, lebt er inmitten eines Stamms von Jägern und Sammlern: Er ist nackt und tätowiert, spricht nur noch deren Sprache, hat seinen Namen vergessen. Ein Wissenschaftler aber führt ihn zurück in die Zivilisation und nimmt ihn mit nach Paris – ein gewagtes Unterfangen.
Weiterlesen

Bewertungen

Was mit dem weißen Wilden geschah wurde insgesamt 6 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,5 Sternen.

(4)
(2)
(0)
(0)
(0)

Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Was mit dem weißen Wilden geschah

    Francois Garde - Was mit dem weißen Wilden geschah
    Wer ist hier zivilisiert?
    Ich habe vor einiger Zeit dieses Buch hier gelesen. Und ich war restlos begeistert. Hier wurde ein wirklich sehr interessantes Thema beleuchtet, welches einen realen historischen Hintergrund beschreibt. Narcisse Pelletier lebte von seinem 14. Lebensjahr im Jahre 1858 bis ins Jahr 1875 bei einer Aborigines Gruppe, den Kawadji oder Uutaalnganu auf Night Island im heutigen Queensland in Australien. Und das Ganze geschah anfänglich nicht ganz so freiwillig. der junge Seemann wurde nämlich bei einem Landgang in Australien zurückgelassen. Die Gründe darüber variieren in den verschiedenen Quellen. Im Jahr 1875 wurde er zwangsweise wieder in die "Zivilisation" zurückgebracht, was für Pelletier Jahre eher eine Freude gewesen wäre, wurde für ihn zum jetzigen Zeitpunkt eine echte Prüfung. Er wurde in Australien in den Stamm der Aborigines aufgenommen, hatte Wissen über die Zeremonien der Eingeborenen, war also einer von ihnen, musste sich jetzt gezwungenermaßen wieder umorientieren. Wir alle wissen, wie Neues uns stören kann. Wie muss es da erst Pelletier gegangen sein? Dies sind die realen Fakten, im Buch werden die Jahreszahlen etwas verändert, hier dauert Pelletiers Zeit bei den Kawadji von 1843 bis 1860 und einige Namen von realen Personen wurden verändert. Geschrieben ist dieses Buch in zwei Handlungssträngen und zwei Sichtweisen, einmal berichtet ein französischer Beamter und einmal berichtet Pelletier. Und durch die beiden Sichtweisen erschließt sich nach und nach Pelletiers Geschichte. Aber der Kern des Buches ist ebenso eine soziale Frage, welches ist die bessere Zivilisation???, die der australischen Eingeborenen oder die westliche??? Welches ist die sozialere Zivilisation??? Interessante Fragestellungen, ich weiß. Und genau um diese Fragestellungen geht es, nun ist das 19. Jahrhundert eine andere Zeit, es gelten andere Regeln, andere Maßstäbe. Aber genau darum sind diese Fragen auch so interessant, obwohl man sich als heutiger Leser natürlich auch so seine Gedanken dazu machen kann. Nun ist diese vollkommene Assimilation eines westlichen Menschen in eine andere Welt auch durch das Alter der betreffenden Person begünstigt worden und ebenso auch durch das Alleinstehen in einer fremden Welt. Und wen dieser Fall wundern sollte, Narcisse Pelletier ist durchaus kein Einzelfall, es gab viele Personen, die in indigene Völker aufgenommen wurden und zu vollwertigen Stammesmitgliedern wurden und der westlichen Zivilisation nicht mehr viel abgewinnen konnten. (z.B. Cynthia Ann Parker) In der völkerkundlichen Literatur treten diese Personen immer wieder auf, genauso gab es aber auch Menschen, die unfreiwillig in fremden Kulturen lebten. Aber um zu dem Buch zurückzukehren, die Fragen der Sozialisation Pelletiers sind äußerst interessant und regen zum Nachdenken an. Mir hat dieses Buch sehr gefallen und für mich ist es durch diese geschickt formulierten Fragen zur Sozialisation Pelletiers durchaus begründbar, dass Garde 2012 den Prix Goncourt du premier Roman für "Ce qu'il advint du sauvage blanc" erhielt. Gardes Jahre als Verwaltungsbeamter auf Neukaledonien werden ihm garantiert hilfreich bei diesem Roman gewesen sein, Neukaledonien hat noch immer einen recht hohen Anteil an Mitgliedern der alten Stammesbevölkerung und deren Stellung bei den europäischen Bewohnern in der Vergangenheit und auch später in der heutigen Zeit werden garantiert zum Nachdenken angeregt haben. Unbedingt Lesen!!!
    Weiterlesen
  • Rezension zu Was mit dem weißen Wilden geschah

    Mir hat der Roman sowohl inhaltlich als auch stilistisch gut gefallen, vor allem den Aufbau fand ich sehr gut gelungen.
    Schwer nachvollziehbar war für mich allerdings die Tatsache, dass ein 18-jähriger seinen Namen, seine Herkunft, seine Sprache und auch alle anderen Werte seiner Kultur vergisst, wie etwa die Bedeutung von Geld oder Eigentum. Schließlich hatte der Protagonist als Matrose ja Lohn erhalten und auch ausgegeben.
    Im Roman, der auf einer wahren Begebenheit beruhen soll, wird Narcisse zwar als eher einfach gestricktes Gemüt beschrieben, dennoch hatte ich mit diesem vollständigen Vergessen meine Schwierigkeiten. Möglicherweise war es eine Art von Amnesie, im Schock entwickelt, als der junge Mann alle Hoffnung aufgegeben hatte, je wieder in sein altes Leben zurückkehren zu können.
    Besonders gut gefallen hat mir der Anfang, als Narcisse tagelang an der Küste entlangirrt, ohne Wasser oder Nahrung finden zu können. Seine Verzweiflung, die sich zur Todesangst steigert, ist sehr gut beschrieben, auch die Rettung durch den Stamm der Ureinwohner. Die Existenz des Weißen wird eher gleichgültig zur Kenntnis genommen, und es wird auch kein großes Getue um ihn gemacht. Zeigt er sich bei der Zuteilung von Essen als zu gierig, wird er sofort in seine Schranken verwiesen, auch ein Halbverhungerter bekommt keine Sonderrationen.
    Dieses vorsichtige Herantasten des Autors, wie die Konfrontation mit einem Volk verlaufen sein könnte, das seit Jahrtausenden auf diesem unwirtlichen Kontinent überlebt hat, hat mich sehr beeindruckt. Umso stärker tritt der Kontrast zum Privatier und Forschungsreisenden aus Leidenschaft Octave de Vallombrun zutage, der sicher aus mitleidigem Herzen handelt, aber dabei die wissenschaftlichen Aspekte nie aus dem Blickfeld verliert. Dementsprechend befremdlich fand ich seine Idee, die beiden Kinder des Matrosen aufzuspüren und aus ihrem Lebensumfeld in eine ihnen völlig fremde Welt zu verpflanzen. Allerdings muss man dieses Ansinnen wahrscheinlich aus der Sichtweise des 19. Jahrhunderts betrachten, derzufolge es nur eine richtige Lebensweise gibt.
    Wirklich ein sehr interessantes Buch mit Tiefgang, das durchaus zum Nachdenken anregt, und das ich sehr gerne weiterempfehle.
    Weiterlesen
  • Rezension zu Was mit dem weißen Wilden geschah

    Für diesen beeindruckenden Roman ist der 1959 geborene und als hoher Regierungsbeamter unter anderem auf Neukaledonien tätig gewesene Francois Garde in Frankreich mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet worden, unter anderem mit dem begehrten und für Debütanten so wichtigen „Prix Goncourt du premier roman“.
    Er erzählt die wahre Geschichte eines französischen Matrosen namens Narcisse Pelletier, der, nachdem er schon seit seinem 15. Lebensjahr zur See gefahren ist, im Jahr 1843 als junger Mann von seiner Crew versehentlich an der Ostküste des damals noch wenig erschlossenen Kontinents Australien zurückgelassen wird.
    Nach 17 Jahren wird er von einer Expedition zufällig an einem Strand gefunden und mitgenommen. Er ist nackt, am ganzen Körper tätowiert und spricht die Sprache der Aborigines, die ihn aufgenommen hatten, und bei denen er fast zwei Jahrzehnte gelebt hat.
    Ein französischer Wissenschaftler mit Ambitionen, sich durch Expeditionen in der Heimat einen Ruf zu machen, Octave de Vallombrun, ist zu dieser Zeit in Australien für seine Forschungen und beginnt sich mit dem „weißen Wilden“ zu befassen. Sein Ziel ist es, nicht nur ihm zu entlocken, was er dort bei Aborigines erlebt hat, mehr zu erfahren über deren uralte Kultur und deren Mythen, sondern von Anfang plant er, zu seinem eigenen Ruhm und für die Wissenschaft, Narcisse Pelletier wieder nach Frankreich zu bringen und seiner Familie zuzuführen.
    Der Roman besteht aus zwei Teilen, die sich in entgegen gesetzter Richtung aufeinander zu bewegen, und sich kapitelweise abwechseln. In einem Teil berichtet ein Erzähler, wie Narcisse Pelletier sich von seiner Mannschaft zurückgelassen, an einem einsamen Strand wiederfindet, von Aborigines langsam sozusagen adoptiert wird, und wie er nach mehreren vergeblichen Fluchtversuchen zu spüren beginnt, dass es für ihn kein Zurück mehr gibt.
    Der zweite Teil des Buches ist ein Briefroman, in dem Octave de Vallombrun dem Präsidenten der wissenschaftlichen Societe, die ihn ausgeschickt hat, in gewissen Abständen über seine Fortschritte in der Arbeit mit Narcisse Pelletier berichtet.
    Denn nachdem er über viele Monate vergeblich eine lohnende und ihn ausfüllende geografisch-wissenschaftliche Aufgage im pazifischen Raum gesucht hat, kommt ihm die zufällige Begegnung mit einem Kapitän gerade recht, der ihm von dem aufgefundenen weißen Wilden erzählt. Octave ruht nicht, bis er vom Gouverneur die Erlaubnis bekommt, mit dem jungen Mann zu arbeiten.
    Es ist faszinierend zu beobachten und zu lesen, wie auf der einen Seite der gestrandete Matrose sich langsam von seiner eigenen Sprache und Kultur entfernt, um schließlich ganz in die Welt der Aborigines einzuwachsen, und wie auf der anderen Seite er sich durch die Hilfe seines Mentors seiner ursprünglichen Sprache und Lebensweise wieder annähern soll.
    Es geht in diesem Roman, der bei der Schilderung der Lebensweise der Aborigines an manchen Stellen an die Bücher von Bruce Chatwin erinnert, die ganze Zeit zwischen den Zeilen darum, was Zivilisation ist und welchen Preis sie hat. Denn dass ein Preis zu bezahlen ist, wird immer deutlicher, auch wenn die genaue Handlung hier nicht vorweggenommen werden soll.
    Und auf einer tieferen Ebene geht es um etwas Zeitloses, nämlich darum, dass in unserer menschlichen Seele sozusagen eine wilde und eine zivilisierte Seite wohnen, wobei wir Zeitgenossen das Wilde gar nicht mehr wahrnehmen. Es ist wie bei zwei sich abstoßenden Polen, (oder ziehen sie sich an?), die unser Leben bestimmen sich aber nie wirklich miteinander versöhnen lassen.
    Der Roman ist spannend zu lesen, gut aufgebaut und geschickt komponiert. Ein historisches Sujet, dessen klandestine Botschaft aber höchst aktuell ist, wenn man an die überall in der globalisierten Welt aufeinandertreffenden verschiedenen Kulturen denkt, bei denen, wie sich zeigen wird, keine die Hegemonie beanspruchen wird können, wollen die Menschen in Zukunft noch gut zusammenleben.
    Weiterlesen

Ausgaben von Was mit dem weißen Wilden geschah

Hardcover

Seitenzahl: 318

Taschenbuch

Seitenzahl: 320

E-Book

Seitenzahl: 318

Was mit dem weißen Wilden geschah in anderen Sprachen

  • Deutsch: Was mit dem weißen Wilden geschah (Details)
  • Französisch: Ce qu'il advint du sauvage blanc (Details)

Besitzer des Buches 11

  • Mitglied seit 30. November 2017
  • Mitglied seit 22. August 2018
  • Mitglied seit 20. März 2020
  • Mitglied seit 8. Februar 2018
  • Mitglied seit 25. Mai 2006
  • Mitglied seit 5. Juli 2014
  • Mitglied seit 5. Oktober 2008
  • Mitglied seit 9. April 2015
Update: