Unsichtbar

Buch von Ralph Ellison

Bewertungen

Unsichtbar wurde insgesamt 3 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 5 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Unsichtbar

    Autor (anhand Wikipedia): Ralph Waldo Ellison, US-amerikanischer Autor afroamerikanischer Herkunft, wurde am 1. März 1914 in Oklahoma City als Sohn eines Bauarbeiters geboren. Nach Ende der Schulzeit konnte er mit Hilfe eines staatlichen Stipendiums drei Jahre Musik in Tuskegee studieren. 1936 zog Ellison nach Harlem, um dort ein Studium der Bildhauerei zu beginnen. In Harlem begann er Rezensionen, Kurzgeschichten und Artikel zu schreiben. Hier wurden zudem seine politischen Interessen geweckt, vor allem durch den Kontakt zu Richard Wright und Langston Hughes. Wright machte Ellison auch mit den großen russischen Schriftstellern vertraut, insbesondere Dostojewski und Gorki. Ellison unterstützte Wright bei dessen politischer Arbeit, verstrickte sich im Gegensatz zu Wright allerdings nicht in die Parteiarbeit. Während der Zeit in Harlem verdiente er seinen Lebensunterhalt auf mancherlei Weise, vor allem jedoch als Jazz-Musiker und Fotograf. Zeitweise arbeitete er auch für die YMCA und als Sekretär für einen Psychiater. Diese verschiedenen Stationen in Ellisons Leben haben allesamt ihre Spuren in dem einzigen Roman hinterlassen, der zu Lebzeiten veröffentlicht wurde: 1952 erschien „Der unsichtbare Mann“ (im Original „Invisible Man“, ins Deutsche übersetzt von Georg Goyert). Dieser Roman Ellisons wurde 1965 zum bedeutendsten Werk der US-Literatur der vorangegangenen Jahrzehnte gewählt. Postum wurde als weiteres Romanwerk „Juneteenth“ veröffentlicht (von seinem Nachlassverwalter aus 2000 Manuskriptseiten auf 368 Druckseiten kondensiert), das bereits zu Lebzeiten Ellisons kurz vor der Veröffentlichung stand, von dessen Manuskript jedoch wichtige Teile bei einem Brand vernichtet wurden. Der Autor bemühte sich in der Folgezeit vergeblich, die verlorenen Seiten aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren. Ellison selbst war der Meinung, dass ein Romancier nur einen wirklich großen Roman im Leben schreiben könne. Nach der Verleihung des National Book Awards 1953 für „Invisible Man“ erhielt Ellison zahlreiche Ehrungen und auch Ehrenämter. Unter anderem lehrte er an der University of Chicago, in Yale und in fester Stellung ohne besondere Lehrverpflichtungen auch an der New York University. Er starb am 16. April 1994 in New York City.
    Inhalt (korrigierter Klappentext): Dieses Meisterwerk der Weltliteratur des 20. Jahrhunderts erzählt von einem Jungen aus den Südstaaten, den es nach New York verschlägt. Er arbeitet zunächst in einer Lackfabrik, bis er als Demagoge einer marxistischen Organisation in Erscheinung tritt – und sich am Ende als Nobody in einer weißen Gesellschaft für „unsichtbar“ erklärt. „Ellison hat die Geschichte der schwarzen Amerikaner zur Biografie eines einzelnen Mannes verdichtet. Dessen Leben gleicht einer Odyssee, die alle wichtigen Stationen und Erfahrungen seines Volkes erfasst, von der Sklaverei in die „Freiheit“, vom feudalistischen Süden in den gelobten Norden. Ellison ist eine großartige Mischung aus schwarzer Kultur und weißer Literaturtradition gelungen. Ein ständiger Wechsel von ruhigen und wilden, chaotischen Passagen, Traum und Realität, bizarrer Komik und Brutalität.“ (Süddeutsche Zeitung“)
    Der Roman erschien zuerst 1952 unter dem Titel „Invisible Man“. Das Copyright des zunächst separat veröffentlichten ersten Kapitels datiert auf das Jahr 1947 bzw. 1948. Die deutsche Übersetzung besorgte Georg Goyert. Sie erschien 1954 als „Unsichtbar“ im Verlag S. Fischer, später auch im März-Verlag und bei Rowohlt. Im Jahr 1995 erschien der Roman in der (manche sagen durchgesehenen, manche sagen unveränderten) Goyert-Übersetzung als „Der unsichtbare Mann“ im Züricher Ammann-Verlag und wurde drei Jahre später unter diesem Titel auch als Rowohlt-Taschenbuch herausgegeben. Diese Ausgabe hat 641 Seiten und enthält ein 19-seitiges Nachwort von Ralph Ellison aus dem Jahr 1981.
    Die Handlung wird von einem Prolog und einem Epilog ummantelt, die nach den Ereignissen des Romans spielen, somit zu der Zeit, als die namenlose Hauptfigur ihre soziale Unsichtbarkeit proklamiert hat, jetzt zurückgezogen in einem Kellerloch lebend. Die einzelnen Kapitel schildern chronologisch den Werdegang des jungen Mannes seit dem Ende seiner Schulzeit im Süden der USA bis hin zu seiner politischen Arbeit einige Jahre später in New York City, die zu der Erkenntnis seiner „Unsichtbarkeit“ als Schwarzer in einem weißen Amerika führt. Die Dinge, die der Hauptfigur zustoßen, lassen sich auf einen gemeinsamen Nenner bringen: Er wird – oft sogar vermeintlich zu seinem Nutzen – von anderen ausgenutzt, instrumentalisiert oder gegängelt, jeweils zum Vorteil der anderen. Als er diesen Roten Faden seines Lebens erkennt, tritt er aus der Gesellschaft aus, die ihn nicht als Individuum wahrnimmt, sondern nur die Rolle, die er von der Gesellschaft eingeräumt bekommt. Er kann einzig und allein die Projektion leben, die andere für ihn vorgesehen haben. Bei Übertretungen zeigen das weiße Amerika und auch die im Sinne des weißen Amerikas denkenden Schwarzen ihre fiese, altbekannte Fratze der Unterdrückung und der Herablassung.
    Die Ereignisse des Romans haben einen ziemlich hohen Grad an Abstraktion erreicht, was nicht immer für eine eingängige Lektüre sorgt, die Faszination jeder ungemein erhöht. Die mit Bedeutung aufgeladenen Handlungen, Schauplätze und Figuren stehen für mehr, als nur sich selbst und sind damit nicht eindeutig bzw. leichtfertig in jenem Sinne zu lesen, den das oben wiedergegebene Zitat aus der „Süddeutschen Zeitung“ nahelegt: Diese in einer Biografie verdichtete Geschichte der Schwarzen in Amerika ist keine Bebilderung schrecklicher Zustände, keine moderne Variante des Onkel Tom, man erfährt nicht aus erster Hand über konkrete Ausgrenzungen, nichts über alltägliche Auswüchse von Sklaverei, Rassismus und Gewalt, nichts direkt über die Lebensumstände in schwarzen Armensiedlung oder ähnliches. Wer soetwas erwartet, könnte enttäuscht werden – und sollte lieber zu Richard Wrights sehr gutem semibiografischen Roman „Black Boy“ (dt. „Ich Negerjunge), den Romanen von Toni Morrison oder den Autobiografien von Maya Angelou greifen.
    In „Der unsichtbare Mann“ geht es vor allem um eine problematische Identitätssuche, die nicht gelingen kann, da die Hauptfigur ständig herumgeschubst wird oder - mit vermeintlichen Freiheiten ausgestattet - doch nur an der langen Leine der Mächtigen läuft. Nach jeder Episode seines fremdverschuldeten Scheiterns, wenn er erkennen muss, wie er von Menschen, denen er vertraute oder die er bewunderte, benutzt und betrogen wurde, verändert die Hauptfigur ihre Identität und versucht, sich ihren jeweiligen Lebensumständen und jeweiligen Abhängigkeiten anzupassen Die Diskriminierung wird hier also nicht so sehr an äußeren und für jeden klar erkennbaren Anzeichen wie getrennten Bussen oder ähnlichem verdeutlicht, sondern auf eine systematische Ebene von Macht und Ohnmacht gehoben. Der Roman ist somit sowohl wütender Ausdruck der rassistischen Diskriminierung afroamerikanischer US-Bürger, als auch die Schilderung einer allgemeingültigen Notlage des modernen Menschens, ob weiß oder schwarz: Wie findet man seinen eigenen Weg und seine eigene Identität in einer Welt, in der die Pfründe schon verteilt sind?
    Tatsächlich hat sich der Roman tief in mein Gedächtnis eingefräst mit seinem außerordentlich hohen Grad an Schauwerten und zugespitzten Situationen. Mit ungläubigem Staunen durfte ich haarsträubende Szenen lesen und etliche sehr kühne Beschreibungen und in diamantenscharfe Beispielhaftigkeit gegossene Vorgänge bewundern: Wie die schwarzen Abschlussschüler von den Honorationen der Gemeinde in eine entwürdigende Massenprügelei getrieben werden, wie die Hauptfigur einen reichen, weißen Gönner seines Colleges als Chauffeur auf einer Besichtigungstour ausgerechnet in eine verkommene Spelunke voller Irrer führt und nicht verhindert, dass der Gönner ein Gespräch mit einem verstoßenen Trunkenbold führt, das sich in unglaublicher Drastik um dessen inzestuöses Verhältnis zu seiner Tochter dreht, wie die Hauptfigur erkennen muss, was wirklich in den Empfehlungsschreiben seines Schuldirektors steht, wie er in einer Farbenfabrik aneckt, in einem Chemieunfall verletzt wird, im Krankenhaus mit Elektroschocks behandelt wird, und arbeitslos, aber mit Abfindung entlassen, auf der Straße als Volksredner „aus Versehen“ den nachbarschaftlichen Widerstand gegen die immer häufiger stattfindenden Zwangsräumungen radikalisiert, was ihn für eine marxistische „Bruderschaft“ interessant macht, in der Weiße und Schwarze gemeinsam politisch aktiv werden. Von dieser Bruderschaft wird er als Redner verpflichtet. Dass eigenes Denken hier nicht erwünscht ist, wird er früh genug merken …
    Der Roman "Der unsichtbare Mann" ist wirklich ein genialer Wurf, absolut unsentimental und unromantisch, sehr eloquent und unkonventionell, poetisch, visionär, bildstark und kafkaesk, wenn kafkaesk diffuse Bedrohung, menschliche Ängste und soziale Entfremdung meint. Er wirkt heute noch wie ein noch nie dagewesenes Stück Literatur, gegenwärtig und vital erzählt, voller bösem Witz, burlesken Übertreibungen und menschlichem Entsetzen. Eine Parabel über ein zersplittertes Leben, der es weniger um Protest geht als um Unbehagen. Grandios!
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Ausgaben von Unsichtbar

Taschenbuch

Seitenzahl: 680

Hardcover

Seitenzahl: 664

Unsichtbar in anderen Sprachen

  • Deutsch: Unsichtbar (Details)
  • Englisch: Invisible Man by Ellison, Ralph (Details)

Besitzer des Buches 8

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